Der Big-Band-Sound ist kompakt und rund, der Bläsersatz druckvoll und zupackend, die Rhythmusgruppe solide stützend. Präzise Satzarbeit ist die Grundlage guter Big-Band-Arbeit, ohne die die oftmals komplizierten Arrangements auseinander fallen würden. Frank Reichert hat die „Phoenix Foundation“, das Jugendjazzorchester des Landes Rheinland-Pfalz voll im Griff: fünf Saxophone, vier Trompeten, vier Posaunen sowie eine Rhythmusgruppe mit Bass, Gitarre, Schlagzeug und Piano. Oliver Nelsons „Stolen Moments“, eigentlich ein Blues mit growlendem Bläsersatz, in den meisten Arrangements mit einem Anflug von Klassizismus und einer raffinierten Melancholie gespielt, klingt bei der Phoenix Foundation ebenso mitreißend wie die langsame Ballade „After You´ve Gone“ von Turner Layton – eine völlig unbluesige Komposition, der die jungen Musiker eine dem Thema gerecht werdende Erotik mit gedämpftem Trompetensound und einem Trompetensolo von Matthias Müller-Thonemann entsprachen. Stefan Schmidt ist ein anderer Solist, der unter den guten Instrumentalisten der jungen Big Band hervorsticht – nach „Stolen Moments“ besonders in einem kraftvollen Gospel.
Wie sehr ein hervorragender Schlagzeuger dazu beitragen kann, einen großen Klangkörper „in time“ zu halten, belegte beim Doppelkonzert in Mainz die Temple University Big Band aus Philadelphia mit ihrem Leiter Terell Stafford. Die Musiker, im Schnitt etwas älter als ihre deutschen Freunde, spielten ingesamt etwas geschmeidiger in der Satzarbeit. Der sonore Klang des Baritonsaxophons von Andrew Camolin unterstrich die schwül wirkende Melodie von Duke Ellingtons „Sophisticated Lady“ vor den flirrenden Saxophon-Tremoli und den dicken Bläserakkorden. Frank Fosters „Shiny Stockings“ mit der achttaktigen Einleitung gehämmerter Blockakkorde und den gestopften Bläser-Parts vor den jubilierenden Tutti bestach durch seine Dynamik.
Mit den lang gezogenen Melodielinien auf der Gitarre bewies Patrick Hoss, einer der Dozenten der Phoenix-Foundation, bei der Pat Metheney-Komposition „Heartland“ als Gast der Amerikaner, wie problemlos sich gute Musiker nach nur wenigen Proben in ein fremdes Orchester einfügen. Ein straight gezupftes Bass-Solo, perlende Single-Notes auf dem Piano – so wurde die Komposition neben der Rumba „Muevo Los Huasos“ und vor allem der Chuck Mangione-Komposition „Children Of Sanchez“ zu einem der Höhepunkte des zweiten Konzertteiles. Frank Reichert dirigiert die Temple University Bigband, während Terell Stafford, der bereits im ersten Set als Gastsolist der Phoenix Foundation brillierte, dieses Mal ein transparentes, in den Höhen nur leicht überblasenes, stets beherrscht wirkendes Solo mit wenig Vibrato blies.
Auch im Vergleich mit den routinierter wirkenden amerikanischen Freunden bleibt das Fazit, dass junge Musiker mit Reife, Präzision, Engagement und Spielfreude selbst komplexe, oftmals verschachtelte und harmonisch komplizierte Big-Band-Arrangements beherrschen. Die Phoenix-Foundation darf darauf stolz sein, sich an diesem Abend nur einen einzigen Patzer erlaubt zu haben – während eines Posaunensolos geriet die Band kurzzeitig aus dem Takt.