Text & Fotografie: Klaus Mümpfer
Mal Waldrons „Seagulls of Kristiansund“ aus dem Jahr 1989 klingt fast artifiziell. Seine ausgefallenen und reizvollen Harmonien in den hohen Lagen des Pianos scheinen vom Pianisten für Pianisten geschrieben zu sein. Matthias Vogt liegt diese nordisch-kühle Sinnlichkeit offensichtlich, denn viele der Eigen-Kompositionen und Arrangements von Pop- und Jazzstücken leiten er und sein Trio beim Konzert der Rüsselsheimer Jazzfabrik im Kulturzentrum „Rind“ mit filigranen Single-Notes und Akkorden auf den Keyboards ein, um es dann mit einer Soundfläche vom Roland-Synthesizer zu unterlegen. Bassist Andreas Manns steuert auf seinem Instrument ostinate Harmoniefiguren bei, die sich eng an die Pianolinien anschmiegen. Lediglich Schlagzeuger Volker Schmidt trommelt vor allem in den Mittelteilen der Stücke treibend und groovend wie in der Vogt-Komposition „Wega“. Diese ruhigen, lyrischen und fast andächtigen Einleitungen machen die Stücke des Vogt-Trios unverwechselbar, scheinen nach einem einheitlichen Muster gestrickt zu sein, weshalb den mittigen Passagen eine besondere Rolle zukommt.
Da geht es dann ans Eingemachte. Vogt hämmert Akkordfolgen in die Keybords oder lässt perlende Läufe fließen, Manns nutzt seine Chance wie in „Rainbows“ zu einem reizvollen und kreativen Solo und Schmidt variiert den durchlaufenden Beat mit rhythmisch vielschichtigem Spiel. In der Depeche Mode-Komposition „Script“ steigert das Trio in kraftvollem Spiel Tempo und Intensität, um schließlich wie in den meisten anderen Kompositionen lyrisch und verspielt zum Thema zurückzufinden. Seine Musik sei voller Seele und Musikalität bescheinigen Kritiker Matthias Vogt völlig zu Recht.
Matthias Vogt ist ein Klangmaler und Soundtüftler. Nicht ohne Grund trägt eine seiner CDs den Titel „Changes of colours“. Der Keyboarder und Sänger spielte in zahlreichen Gruppen vom Deutschrock bis modernen Jazz, experimentiert mit der Elektronik, die er auch bei seinem Konzert im „Rind“ sparsam, aber effektvoll nutzt. Dass er daneben auch als DJ arbeitet, erklärt seine stilistische Offenheit.
Der Zuhörer muss schon wie in Dave Grusins „Modaji“ beim Duo von Piano und Bass genau hinhören, um die Feinheiten nachzuvollziehen, die Vogt in die Arrangements packt. In dem schlichten Pop-Song der britischen Gruppe Morcheeba „Rome wasn´t built in a Day“ greift Schmidt zu den Klöppeln und trommelt dumpf im gradlinigen Beat. In „Driver“ bietet sich ihm die Gelegenheit zu einem ausgedehnten Solo, das er mit Double-Time-Passagen aufpeppt, in dem er aber selten zu Metrenwechsel neigt.
Dass das begeisterte Publikum Vogt und seine beiden Partner nach dem abschließenden „Scarlett“ zu einer Zugabe auf die Bühne holen, ist nach diesem intimen Konzert nicht verwunderlich.