Ihre Stimme schmeichelt sanft und warm in der langsamen Ballade „Some other Time“, sie klingt aggressiv und rau im Blues „Your Mind Is On Vacation“, sie scattet und schnalzt in einem Volkslied aus der afrikanischen Heimat ihres Vaters, singt mit tänzerischer Leichtigkeit im brasilianischen „Chegra De Saudade“. Lyambiko steht auf der Bühne des Frankfurter Hofes in Mainz, lächelt ein bisschen verlegen, wenn sie ungeschickt Anekdoten zwischen die Stücke schiebt. Beim Singen verliert die zierliche Künstlerin deutsch-afrikanischer Abstammung glücklicherweise diese Unsicherheiten, geht ganz in der Musik auf.
Kritiker haben ihr angekreidet, dass sie ihre Debüt-CD „Out Of This Mood“ mit Jazz-Standards gefüllt hat. Das fordere den Vergleich mit den legendären Ladies des Jazzgesanges heraus – und den konnte sie ebenso wenig bestehen wie viele andere zeitgenössische Kolleginnen. Gewiss, ihrer Stimme fehlt das Volumen, das sie auch in den leisen Passagen durchdringen ließe. Aber sie phrasiert inzwischen stilgerecht von den Swing-Themen über den Blues bis zu den Latin-Tänzen und der afrikanischen Folklore.
Erleichtert wird ihr dies durch ein exzellentes Begleit-Trio mit dem Schlagzeuger Torsten Zwingenberger (die Bemerkung, dass er eigentlich „Swingen-Berger“ heißen sollte, verfolgt ihn, seit er auf der Bühne steht), dem Pianisten Marque Loewenthal und dem Bassisten Robin Draganic. Sie untermalen die Vokalkünste Lyambikos, setzen Akzente und swingen ungemein. Die Musik der Formation brodelt heiß, widerspricht der Proklamation als „The New School Of Cool“. Draganic zupft auf seinem Kontrabass weit geschwungene Straight-Linien, in seinen Soli aber auch Melodien mit überraschenden harmonischen Verzierungen. Aus der rechten Hand des Pianisten perlen schnell fließende Läufe auf dem Flügel und den Keyboards – unterbrochen von ostinaten Bassfiguren und Trillern in den höchsten Lagen des Instruments. Zwingenberger fühlt sich mit präzise in Time gespielten Metren als Motor des Trios, führt so abwechselnd mit Piano und Bass die Sängerin an der langen Leine.
Das bestechendste Stück dieses Mainzer Konzertes ist eine suitenartig aufgebaute Reminiszens an Afrika. Loewenthal greift die schlichte Melodie mit der hymnischen Kraft, die auch Abdullah Ibrahim seiner jazzig gefärbten Folklore einflößt. Eine zarte vokale Intro in Suaheli gewinnt an Dynamik und Tempo, wird in afrikanische Polyrhythmik eingebettet. Die instrumentale Überleitung von „Malaika“ zu „Ilangamo“ wird geprägt von dem mystisch beschwörenden Sound der dumpfen Trommeln und den Ostinati auf dem Piano. Bis dann Lyambiko im Finale zu schrillen Schreien, Vokalisen in den hohen Lagen und einem zarten Volklied übergeht, das sich über den pulsierenden Rhythmen verliert.
Lyambiko hat sich im Vergleich zu ihrer Debüt-CD offensichtlich freigesungen. Die Begleiter stützen sie virtuose und lassen der Sängerin zugleich viel Freiraum für ihre mit Hingabe und Feingefühl sowie nuancenreich vorgetragenen Interpretationen von Jazz, Soul, Blues, Latin und Folklore. Es entsteht eine spannende und unterhaltende Mixtur aus Sanftheit und Energie sowie aus Charme und kunstfertiger Unbeholfenheit, die über kleine Schwächen hinwegsehen lässt.
Das Publikum in Mainz liebt Lyambiko als Sängerin und als Gruppe. Es spendet frenetischen Beifall und erzwingt mehrere Zugaben. Kein Wunder, dass „the most beautiful voice in swing, latin and soul jazz“ – wie die PR die Sängerin mit gewohnter Übertreibung lobpreist – den Sprung über den Atlantik nach Amerika wagt. Die Einladung für eine Ostküsten-Tournee liegt vor, sagt Zwingenberger. „Wir sind auf den Sprung nach oben – auch international.“