Aus den schwebenden Klängen der mit elektronischem Hall und Schleifen verzierten gestopften Trompete von Joo Kraus entwickelt sich ein sphärisch wirkendes Duo mit dem Fagottisten Libor Shima und daraus wiederum ein erdig-trockenes und mild gedecktes Solo der im Jazz weitgehend unbekannten „Bass“-Oboe. „Maroni Moreno“ ist der Titel dieses eher ruhigen Stückes, das unter den Bläsersoli von einem durchlaufenden Pulse des Schlagzeuges und des E-Basses geprägt wird. Fast lyrisch wirkt „Lillemor“, mit seinen singenden Uni-Sono-Linien auf dem Tenorsaxophon und dem Flügelhorn sowie den klassischen Bebop-Läufen des Gitarristen Peter Wölpl. Der Saitenkünstler baut sein Solo behutsam und sehr dynamisch auf, lässt es nach der leicht rappenden Vokaleinlage des Trompeters mit schwebenden Single-Note-Tupfern ausklingen.
Die beiden Kompositionen unterbrechen das Soundgewitter von „Special Kick“, der neuen Formation des Münchner Bassisten Wolfgang Schmid beim Konzert des Quintetts im Frankfurter Hof in Mainz und auf der gleichnamigen CD vom vergangenen Jahr. Schmid, der schon mit seiner ersten „Kick“-Formation Anfang der 90er Jahre Jazz und Rock fusionierte, hat diese Mixtur inzwischen mit Rap-Sprechgesängen aufgepeppt. „Oops Cha Cha“ beginnt wie viele seiner Kompositionen hart rockend mit präzisem, gleißendem Bläsersatz, heulenden Gitarren-Glissandi sowie treibenden Schlagzeug-Rhythmen. Die fast zwanzigminütige mehrsätzige Drum-Suite von Marco Minnemann hat – abgesehen von legendären Drum-Battles, wie jenem im München des Olympiajahres 1972 – kein Vorbild. Wirbelnde Double-Bass-Arbeit mit den Füßen, Melodiespiel auf den Cymbals, den kleinen und einer zusätzlichen Bass-Trommel sowie Stick-Artistik als Gag – das Publikum feierte diesen präzise in Time gespielten Energieausbruch frenetisch. Die Musikgötter müssen sein Bekenntnis „Will drum for food“ auf dem T-Shirt erhört haben.
Schmid selbst führt den Bass mit hart angerissenen Riffs, aber auch mit satten, gitarrengleich differenziert gezupften Läufen – so in der Zugabe „Panama“. Ansonsten spielt der Star-Bassist banddienlich – nicht unauffällig, aber stützend. „Ringading Dang“ lebt von seinen virtuosen Bassfiguren.
Powerplay ist das übergreifende Kennzeichen der unterschiedlichen Bands von Wolfgang Schmid. Ekstatisch überblasene rasende Läufe Shimas auf den Saxophonen, Stakkati-Linien auf der Trompete, die vom Air-Synthesizer verhallt und verfremdet werden, sowie verzerrte Gitarren-Sounds wechseln mit coolen Trompetenfarben und Rap-Gesängen ab. In“Check Your Soul In The Soul“ brodelt unter der Rap-Oberfläche gar der Rhythm and Blues der 60er Jahre.
Bei „Special Kick“ ist der Gruppenname Programm. Ob nun Jazzrock oder Rockjazz oder Rockrapjazz – Schmids Truppe hat den Fusion in die Gegenwart herübergerettet. Die Fünf von Special Kick sind trotz der Sound-Experimente keine Erneuerer, aber sie präsentieren ihre Musik mit viel Spielwitz, Kraft und zeitgemäßen Elementen auf erfrischende und mitreißende Weise. Das groovt und rockt und rapped und fetzt. Eigentlich schade, dass der Frankfurter Hof nur zu etwas mehr als der Hälfte besetzt war.