Trompeter Thomas Siffling und Gitarrist Claus Boesser-Ferrari jazzten kreativ in Halls Hospitalkirche

Siffling / Ferrari Photo: Kumpf

 Von Schubert bis Beatles: Mehr als nur gecoverte Songs 

Ein in Hall gut bekannter Trompeter eröffnete in der Hospitalkirche die aktuelle Jazztime-Reihe des Jazzclubs und des Kulturbüros. Thomas Siffling brachte dieses Mal den Gitarristen Claus Boesser-Ferrari mit.

Thomas Siffling – den Trompeter hat garantiert schon jedermann (und jede Frau) in Hall gesehen. Er prangt nämlich seit 2007 fast jedes Frühjahr auf städtischen Riesentafeln, die an wichtigen Straßen und Plätzen für das Jazz-Art-Festival werben. Das bewegungsunscharfe Foto mit gelbem Hintergrund wurde aufgenommen, als der gebürtige Karlsruher Anfang 2006 in der Mensa des Goethe-Instituts kräftig in sein Flügelhorn stieß. Erst Mitte Februar diesen Jahres trat Siffling erneut in Schwäbisch Hall auf – zusammen mit dem Jazz-Ensemble Baden-Württemberg. Nun konzertierte der emsige Blechbläser schon wieder in der Hospitalkirche, jetzt aber im kammermusikalisch dezenten Duo-Format.

Er pflege einen „lyrischen, melodiebezogen Stil“, sagt Thomas Siffling selbst über sich. Und so agiert er auch naturgemäß, wenn er wohlbekannte Weisen verjazzt. Freilich rutscht er dabei keineswegs in einen sich plump anbiedernden Kitsch ab – der 42-Jährige geht sehr kreativ und individuell vor. Sifflings Markenzeichen ist die geschmackvolle Elektrifizierung seines Instrumentenklanges: Beispielsweise Nachhall, Echo und ein Vocoder, welcher aus einer Einstimmigkeit eine Polyphonie zaubert.

Ebenfalls viele Pedale bedient sein Duo-Partner Claus Boesser-Ferrari, der eine zunächst simpel anmutende Korpus-Gitarre spielt. Doch den „akustischen“ Sechssaiter traktiert dieser total unorthodox. Die innovativen Free-Jazz-Praktiken von Sonny Sharrock (1940-1994) und Hans Reichel (1949-2011) hat der 1952 im pfälzischen Bellheim geborene Künstler faszinierend weiterentwickelt. Unerhörte Sounds werden die Regel. Gerne beklopft und reibt Boesser-Ferrari das Holz und mutiert so vom althergebrachten Akkord-Arbeiter und einfachen Melodiker zum furiosen Perkussionisten.

Ein kurzweiliger Konzertabend, in dem geläufige Lieder neuartig konzipiert und interpretiert wurden. Bei „Bunt sind schon die Wälder“ spielten sich die beiden Musiker improvisatorisch Motive zu, schufen dynamische Kontraste und stichelten mit Staccati. „Es geht eine dunkle Wolk herein“ handelt vom Dreißigjährigen Krieg, und hier wurden die Ängste der Menschen durch quasi depressive „luftige“ Trompetentöne und beißende Mikrotonalität vermittelt.

Aufmunternd dagegen „Come Together“ von den Beatles und inbrünstig schlicht der dreivierteltaktige Sanctus „Heilig, heilig, heilig, heilig ist der Herr!“ aus der Deutschen Messe von Franz Schubert.

Zwischendrin richtige Rock-Rhythmen und fetzende Jazz-Phrasen mit vielen „blue notes“. Und vor allem: Stete Interaktionen und enorme Spielfreude. Nach den acht ausgedehnten Stücken des „offiziellen“ Programms erklatschte sich das begeisterte Publikum noch zwei Zugaben.

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