Am Anfang hören wir die ersten drei Takte der französischen Nationalhymne „Marseillaise“. Darin gleichen sich der Beatles-Song „All you need ist love“ und dessen Bearbeitung durch das Thomas Bachmann Trio. Doch dann setzen sich Saxophonist Bachmann und Bassist Ralf Cetto von der eingängigen Melodie ab und improvisieren über die Harmonien des Million-Sellers, während Schlagzeuger Uli Schiffelholz mit dem Rhythmus spielt.
Zwischen dem Opener und der zweiten Zugabe interpretieren die drei Jazzmusiker weitere vier Kompositionen der britischen Gruppe, so dass der Abend im Rüsselsheimer Jazzcafé „das Rind“ unversehens zu einem Bealtes-Revival-Konzert gerät – was durchaus reizvoll ist, wenn auch die Eigenkompositionen expressiver und aufwühlender wirken.
Da ist „Dolphy Dance“, eine Komposition, die Bachmann dem legendären Altsaxophonisten und Bassklarinettisten widmet, der durch Erweiterung des musikalischen Vokabulars die Ausdrucksformen seines Instruments auslotete wie kaum ein anderer. Mit überspitzen Saxophonschreien und überblasenen Stakkati folgt Bachmann seinem Vorbild, Cetto fügt knallige Bassläufe ein und Schiffelholz lässt die Drums pulsieren. Horace Silver´s bluesbetonte Spielweise kommt Bachmann in „The Preacher“ mit Akkordspiel durch elektronische Verfremdungen näher, und mit Soul-Touch. In der Zugabe „African Strut“ aus der Feder Cetto´s werden schließlich zeitweise die Rollen getauscht: der sechssaitige E-Bass fungiert als Melodie-, das Tenorsaxophon mit Ostinati als Rhythmusinstrument.
Dazwischen geschoben ist ein reizvolles Zwiegespräch von Bass und Saxophon. „Irischer Frühling“ hält von der Stimmung her, was der Titel verspricht: Der gälisch gefärbte Ton des swingenden Sopransaxophons und ein virtuoses Bass-Solo mit rasanten Griff-Folgen in melodischen Linien lassen das Instrument „leichtfüßig und beschwingt tanzen“.
Das Trio besticht vor allem in den Eigenkompositionen mit Kollektivspiel aus einem Guss, in den Soli mit virtuoser Technik. Schiffelholz ist ein ebenso präziser wie variabler Rhythmusgeber, Cetto zaubert nicht nur auf dem schwerfällig wirkenden Kontrabass behände atemberaubende Melodielinien, wechselt von verzierenden Harmonievariationen zu straight marschierenden Läufen und Bachmann erweist sich als ein Saxophonist von großer Emotionalität – in den expressiven Hardboplinien ebenso wie in den sonoren, singbaren Soundflächen.