Im Juni-Programm von SWR2 stechen einige Sendungen ins Auge. Am 11. Juni portraitiert Niklas Wandt den außergewöhnlichen britischen Sänger Phil Minton. Pianistinnen in Donaueschingen – unter anderem Marilyn Crispell – macht sich Julia Neupert am 8. Juni auf die Spur und schon am 1. Juni beschäftigt sie sich mit Irène Schweizer zu deren 80. Geburtstag. Sie hat einmal über sich selbst gesagt: „Ich bin stolz, eine Jazzmusikerin genannt zu werden. Ohne Jazz wäre ich wohl Sekretärin geblieben“.
Dienstag, 1. Juni, 21:05 – 22:00 Uhr
SWR2 Jazz Session
Wilde Señora – Irène Schweizer zum 80. Geburtstag
Von Julia Neupert
Irène Schweizer gilt als die Grande Dame des europäischen Free-Jazz-Pianos. Geboren wurde sie am 2. Juni 1941 in Schaffhausen in der Schweiz. Im Gasthof ihrer Eltern begann sie als junges Mädchen erst mit dem Schlagzeug- und später dann mit dem Klavierspiel. Early Jazz, die Musik der südafrikanischen Band Blue Notes und das freie Spiel prägten ihre Handschrift als Musikerin – die nicht nur eine Pionierin, sondern eine der beeindruckendsten Persönlichkeiten des europäischen Free Jazz ist. Zu ihrem 80. Geburtstag senden wir Solo-Aufnahmen von Schweizers Konzert beim Festival Enjoy Jazz 2016.
Donnerstag, 3. Juni, 23:03 – 24:00 Uhr
NOWJazz Magazin
Von Thomas Loewner
Neues aus der Welt des Jazz wird im NOWJazz Magazin von SWR2 regelmäßig präsentiert. Wie immer erwarten Sie in dieser Sendung Informationen über bevorstehende Events, Rezensionen über Festivals, Buchbesprechungen und jede Menge brandneuer Alben.
Freitag, 4. Juni, 23:03 – 24:00 Uhr
NOWJazz – Fürs Ohr im Labor – Wie Jazzmusiker Hörspiele ausgestalten
Von Franziska Buhre
In Hörspielen erklingt Musik als Geräuschkulisse, für die Erzeugung von Atmosphären, als eigenständige Klangkunst oder als Partnerin des gesprochenen Worts. Was reizt Jazzmusiker daran, für dieses Medium zu komponieren und Ausdrucksmittel jenseits der eigenen Bühnenpräsenz zu finden? Welches Verhältnis besteht dabei zwischen Produktion und Improvisation, zwischen Autor und Musiker? Die Sendung stellt musikalische Protagonisten und ihr Schaffen im Bereich Hörspiel vor.
Samstag, 5. Juni, 09:05 – 10:00 Uhr
SWR2 Musikstunde
Mit Günther Huesmann
Der wohl auffallendste Trend im aktuellen Jazz ist seine fortschreitende Globalisierung. Entstanden um 1900 in den USA als hybride Musik, ist der Jazz durch die Idee groß geworden, dass es sich immer lohnt, wenn man sich auch mit etwas Anderem beschäftigt als nur mit sich selbst. Die in der Improvisation angelegte Idee des Dialogs erleichtert es Jazzmusiker, sich anderen Stilen und Musikkulturen zu öffnen. So ist Jazz zu einer „global language“ geworden. „Jazz across the border“ hört auf unterhaltsam-informative Weise hin.
Samstag, 5. Juni, 22:03 – 23:00 Uhr
SWR2 Jazztime – Piano-Trio in den Pop-Charts – Der Pianist Ramsey Lewis
Von Hans-Jürgen Schaal
Fast ein Jahrzehnt gab es das Ramsey Lewis Trio schon, als es 1964 völlig überraschend einen Titel in den Pop-Charts landete. Man stelle sich vor: Ein angejahrter Song in einer reinen Instrumentalversion, von einer Jazzband live im Jazzclub aufgenommen, mit Improvisation! Und es blieb nicht bei dem einen Stück. Auf „Something You Got“ folgte „The ‘In’ Crowd“, dann kamen „Hang On Sloopy“ und „A Hard Day’s Night“. Das Trio um den Pianisten Ramsey Lewis hatte zufällig ein Hit-Rezept entdeckt. Die Kehrseite der Medaille: Über dem Erfolg zerbrach 1966 die langjährige Freundschaft der drei Musiker.
Dienstag, 8. Juni, 20:05 – 22:00 Uhr
SWR2 Jazz Session – Jazz bei den Donaueschinger Musiktagen (4) Piano Piano – Mit Pianisten durch die Geschichte des Festivals
Von Julia Neupert
Die Donaueschinger Musiktage feiern in diesem Jahr ihr 100. Jubiläum. 1921 wurde das Festival „zur Förderung zeitgenössischer Tonkunst“ gegründet, ein halbes Jahrhundert später bekam der zeitgenössische Jazz hier einen regelmäßigen Spot. In den Monaten vor dem Musiktage-Jubiläum im Oktober präsentieren wir einen Querschnitt der historischen Jazzkonzerte in Donaueschingen. Heute gibt es ein Wiederhören mit einer Reihe von Pianisten; unter anderen dabei: Howard Riley, Marilyn Crispell, Sylvie Courvoisier, Georg Graewe und das Duo Iana mit Christine Wodrascka und Betty Hovette.
Donnerstag, 10. Juni, 23:03 – 24:00 Uhr
NOWJazz – Nordische Klang-Poeme – Der Pianist Ketil Bjørnstad
Von Bert Noglik
Er ist ein Mann der Künste. Der Norweger Ketil Bjørnstad begann seine Laufbahn als Musiker im Bereich der Klassik und fand im Jazz zu einem eigenen Ausdruck, geprägt von Lyrik und Nachdenklichkeit. Dabei profilierte er sich als Solopianist sowie mit einer Vielzahl, oft in kammermusikalischen Farben wechselnder Spielkonstellationen. Der auch als Schriftsteller auf große Resonanz stoßende Musiker verfasste unter anderem Romanbiografien über Edvard Grieg und Edvard Munch. Sein literarisches Schaffen wirkt oft wie vom Klang der Melancholie durchzogen, während sein Klavierspiel eindrucksvoll die Bilderwelt und das Licht des Nordens reflektiert.
Freitag, 11. Juni, 23:03 – 24:00 Uhr
NOWJazz – Mouthfull of Ecstasy – Der Vokalist Phil Minton
Von Niklas Wandt
Phil Minton ist der vielleicht berühmteste und berüchtigtste Stimmkünstler der freien Improvisation. Begonnen hat er als Trompeter und Sänger in britischen Jazzensembles, etwa dem Mike Westbrook Orchestra. Ab Mitte der 1970er-Jahre hat er in einer Reihe von Soloarbeiten sein radikal erweitertes Vokabular entwickelt, in schrille Höhen und grummelnde Tiefen, ins Cartoonhafte und ins „Scatologische“. Und alles im schnellen Wechsel. Oft bringt Phil Minton auch literarische Texte, etwa von James Joyce, in seine Musik ein. Eine Musik von singulärer Intensität.
Samstag, 12. Juni, 22:03 – 23:00 Uhr
SWR2 Jazztime – The Most Happy Piano – Zum 100. Geburtstag von Erroll Garner
Von Karsten Mützelfeldt
„The Most Happy Piano“: So heißt ein Album eines vor Spielfreude nur so strotzenden Musikers, dessen tönender Optimismus und ansteckender swing ihn zu einer der populärsten Größen des Jazz machte: Erroll Garner.
Spitzname des 1,57 Meter großen Mannes, der stets auf einem dicken Telefonbuch saß, war „Little Elfie“: kleiner Kobold. Seine abenteuerlichen Einleitungen waren genauso legendär wie seine einzigartige Rhythmik. Kaum jemand verstand es so brillant, Freigeist und Entertainment zu vereinen. Erinnerungen an einen originellen Virtuosen, dessen Geburtstag sich in drei Tagen zum 100. Mal jährt.
Dienstag, 15. Juni, 21:05 – 22:00 Uhr
SWR2 Jazz Session – My Favorite Discs
Von Gerd Filtgen
Persönliche Lieblingsalben aus der älteren oder jüngeren Jazzgeschichte werden in der Reihe „My Favorite Discs“ regelmäßig vorgestellt: von den Autorinnen und Autoren unserer SWR2-Jazzredaktion. Legendäre Klassiker oder weniger bekannte Favoriten – warum gerade ein bestimmtes Album sie so beeindruckt hat, erklären sie in dieser Sendung.
Donnerstag, 17. Juni, 23:03 – 24:00 Uhr
NOWJazz – Calls For Action – Die Projekte des New Yorker Kontrabassisten Harish Raghavan
Von Ssirus W. Pakzad
Harish Raghavan wurde als Sohn tiefreligiöser, aus Südindien stammender Eltern in Illinois geboren. Er spielte zunächst die Mridangam-Trommel, ehe er seinem älteren Bruder nacheiferte und zu seinem Hauptinstrument fand. Heute zählt der in New York lebende 38-Jährige zu den gefragtesten Bassisten der amerikanischen Jazzszene, er wurde schon von Charles Lloyd und Ambrose Akinmusire engagiert. 2019 erschien Raghavans Aufsehen erregendes Solo-Album „Calls For Action“.
Freitag, 18. Juni, 23:03 – 24:00 Uhr
NOWJazz – Freies Spiel und Kollektivkomposition – Der Schweizer Kontrabassist Peter K. Frey
Von Nina Polaschegg
Peter K. Frey mag hierzulande weniger bekannt sein als seine einstige WG-Kollegin Irène Schweizer. Aber auch er gilt als wichtiger Pionier des freien Spiels in der Schweiz. In den 1970er-Jahren gründete er mit Michel Seigner und Alfred Zimmerlin das Trio Karl ein Karl, in dem die Drei aufwendige Kollektivkompositionen entwickelten. Sein Kontrabass-Duo mit Daniel Studer versprüht immer noch Energie. Nicht zuletzt ist Frey über Jahre hinweg ein Lehrender gewesen. Und er war aktiv in der Reflexion über freies Improvisieren als Mitorganisator der Improvisationstagungen Luzern. Alles Gute zum 80sten!
Samstag, 19. Juni, 22:03 – 23:00 Uhr
SWR2 Jazztime – Pionier der Weltmusik – Zum 100. Geburtstag des Klarinettisten Tony Scott
Von Hans-Jürgen Schaal
Eigentlich war die Klarinette im Jazz der 1950er Jahre abgemeldet. Doch Tony Scott (1921-2007) gelang es, sich mit diesem Instrument im Bebop und Cool Jazz ganz nach vorne zu spielen. Früh erwachte bei ihm aber auch ein Interesse an anderen Musikkulturen. Zunehmend begann er, orientalische und Balkan-Elemente in sein Klarinettenspiel einzubauen. 1959 verließ er die USA und bereiste ausgiebig Afrika und Asien. In der Folgezeit kombinierte er seine Klarinette mit den „exotischen“ Klangfarben von Koto, Sitar, Oud, Shakuhachi oder Gamelan-Instrumenten und wurde zu einer Galionsfigur der „World Music“.
Dienstag, 22. Juni, 21:05 – 22:00 Uhr
SWR2 Jazz Session – Future Folk – Beyond w/ Bernhardt und Dumama & Kechou beim Jazzfest Berlin 2020
Von Thomas Loewner
Das Jazzfest Berlin präsentierte mit den zwei Projekten, die in dieser Jazz Session zu hören sind, zwei ganz unterschiedliche Varianten progressiver Folk-Sounds: Beyond w/ Bernhardt ist das Zusammentreffen eines Jazzensembles mit der Theaterkomponistin Friederike Bernhardt, für das Jazzfest ergänzt um ein traditionelles Mandolinenquartett aus Sachsen-Anhalt und den Elektronik-Musiker The Micronaut. Das südafrikanische Duo Duma & Kechou beschränkt sich dagegen in der Wahl seiner Mittel auf Stimme, Gitarre, Perkussion und Elektronik. Daraus entsteht eine ruhig fließende, meditative Musik.
Donnerstag, 24. Juni, 23:15 – 24:00 Uhr
NOWJazz – Simplify Your Life! – Der Minimalismus des Saxofonisten Sam Gendel
Von Günther Huesmann
Schnelle Sprints sind seine Sache nicht. Sam Gendel spielt ein extrem entschleunigtes Saxofon, dessen Klang er oft elektronisch verfremdet. Der in Los Angeles lebende Musiker schockte die Jazzwelt 2020 mit bizarren Neu-Interpretationen berühmter Jazz-Standards. Bekannt wurde er im Umfeld der kalifornischen Indie-Pop-Funk-Band Knower. Auf seinem dreistündigen Werk „Fresh Bread“ scheint Sam Gendel den Sound des Saxofons zwischen Ambient, Electronica und Vintage-Jazz regelrecht verdampfen zu wollen. Ein Scharlatan? Oder ein Visionär?
Freitag, 25. Juni, 23:03 – 24:00 Uhr
NOWJazz – Sonic Wilderness
Von Ulrich Kriest und Julia Neupert
Diese Reihe auf dem freitäglichen NOWJazz Update Sendeplatz führt in abenteuerliche Zwischenwelten des Jazz. Ob Improv, Electronica, Klangkunst, Noise oder Rock – für die atmosphärischen Mixes gibt es nur eine Regel: Die Lust am musikalischen Abenteuer muss hörbar sein.
Montag, 28. Juni, 23.30 – 24.00 Uhr
ARD Radiofestival Jazz: Tänzerisch um die Welt – Die portugiesische Sängerin Maria João
Von Thomas Haak
„Fado hat für mich eine gewisse Bedeutung, ist jedoch nicht das wichtigste Element. Ich brauche diese etwas lebendigeren, positiveren Sachen“, sagt Mario João, die von Vokalgrößen wie Lauren Newton und Bobby McFerrin dazu inspiriert wurde, ihren eigenen Weg zu gehen. Lange Zeit teilte sie diesen mit dem Pianisten Mario Laginha, mit dem sie 1994 ein Skizzenbuch der Weltoffenheit namens „Danças“ vorlegte. Seitdem verbindet die wichtigste Jazzkünstlerin Portugals ihre Art des Jazz mit afrikanischer, brasilianischer und indischer Musik zu Amalgamen, die heute auch die Zutat Electronica enthalten.
Dienstag, 29. Juni, 23.30 – 24.00 Uhr
ARD Radiofestival Jazz: Junge Szene groß gedacht
Luise Volkmann und ihr Ensemble Été Large
Von Anja Buchmann
Die Saxofonistin und Komponistin Luise Volkmann, die in Leipzig, Paris und Köln studiert hat, entfaltete auf dem ersten Album „Eudaimonia“, das sie mit ihrem Ensemble Été Large eingespielt hat, eine Musik mit theatralischen Zügen, geprägt von ihrem mehrjährigen Aufenthalt in der französischen Hauptstadt. Deutlich rockiger klang das darauffolgende Album „When the Birds upraise their Choir“. Volkmann widmete die Aufnahme ihrem Vater und bezog sich musikalisch auf die Rock-Ästhetik der 1968er-Generation.
Mittwoch, 30. Juni, 23.30 – 24.00 Uhr
ARD Radiofestival Jazz: Black Lives Matter – Hoffnung, Protest und Empowerment im Jazz
Von Sarah Seidel
Man könne den Jazz nicht trennen von Schmerz und Ungerechtigkeit, aber auch nicht von Freude und Triumph schwarzer Menschen in den USA, sagt der Saxofonist Joshua Redman. Auch Gregory Porters Songs handeln vom Schwarzsein, von Zuversicht, Heilung und Protest. Der Mord an George Floyd im Mai 2020 sei nichts Neues in der amerikanischen Geschichte, sagt Redman, aber er habe „Black Lives Matter“ erst richtig ins Rollen gebracht. Bereits für Redmans Vorbilder war Protest ein wichtiger Antrieb. Eine der Stärken, ergänzt der Pianist Jason Moran, sei, dass „Black Lives Matter“ heute keine Anführer brauche.
Fast alle Jazz-Sendungen von SWR2 können als Audio on Demand im Internet 7 Tage online nachgehört werden. Auf www.swr2.de/jazz finden sich auch Playlists und und weitere Informationen zum Programm.
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