Steffen Weber mit Band und „Sideline“ an der Musikhochschule Mainz, 28. April 2016

Steffen Weber Sideline - Foto: Mümpfer

Steffen Weber und sein Quintett pflegen einen warmen und einladenden Sound. Auf der neuen CD „Sideline“ und im Konzert als Quartett mit dem Pianisten Sebastian Stenal, der Bassisten Arne Huber und dem Schlagzeuger Axel Pape unterstreicht dieser Klang den Charakter der Kompositionen des Saxophonisten Weber. Ob nun „Skogafoss“, das die Quirligkeit eines Wasserfalls illustriert, oder „The Tempest“, das die gebremste Wucht eines „sanften“ Sturms beschreibt, die Kompositionen Webers haben in der Tradition des modernen Jazz mit einer unverwechselbaren Expression ihren Niederschlag gefunden. Soundprägend ist sein singendes Spiel auf dem Tenorsaxophon.

Im Konzert des Jazzforums an der Mainzer Musikhochschule zeigte Weber seine Liebe zu schwebenden und sanften Ausklängen, nachdem die Stücke selbst drängend und treibend bis an die Grenzen des Crescendo geht – wie in „Zosia“ vor dem sanften und hellen sowie transparenten Schlussteil der Komposition die er vor Jahren seiner kleinen Nichte gewidmet hat. Der von Coltrane beeinflusste Saxophonist brilliert aber auch mit ekstatisch überblasenen High-Notes wie in „Mellow Yellow“ oder getragen und hymnisch wie in seinem Arrangement des „Badnerliedes“. Jedenfalls, so erzählt Weber schmunzelnd dem Publikum, hätten selbst Sachverständige die Hymne seiner Badener Heimat nicht wiedererkannt.

Sebastian Sternal, Professor an der Musikhochschule, serviert perlende und sperrige Läufe, in „Soapbox Derby“ Notentrauben und Triller, in anderen Stücke auch mal ökonomisch eingesetzte Blockakkorde oder hingetupfte Single-Notes. Arne Huber, ein langjähriger Gefährte Webers, stützt das Quartett mit straight laufenden Linien wie in „The Tempest“, gefällt in seinen Soli mit reizvollen, harmonisch abwechslungsreichen Läufen.  Schlagzeuger Axel Pape, wie Weber Dozent an der Hochschule, legt einfühlsam mal mit treibend mit vielschichtigem und dennoch präzisem Spiel oder luftig und zart mit den Besen die rhythmische Basis. Seine Soli zeugen von exzellenter Technik und Musikalität.

Weber fasziniert nach eigenen Worten am Jazz vor allem die Freiheit zu improvisieren und damit spontan zu entscheiden, was er spielt, wie er es spielt und mit welchem Feeling, welchem Ausdruck er das Gespielte interpretiert. Die Partner entfalten diese Musizierweise, die immer in einen modernen, aber an der Tradition orientierten Jazz mündet, zu zeitloser Schönheit. Weber hat offensichtlich die Stücke seinen Bandmitgliedern auf den Leib geschrieben. Die Interaktionen sind traumhaft sicher, auch wenn die Musiker beim Konzert aufmerksam den Improvisationen der Partner lauschen, um beispielsweise im Ruf-Antwort-Spiel von Piano und Tenorsaxophon im „The Tempest“ sensibel aufeinander eingehen zu können.

Auf der CD rundet der Posaunist Christian Jaksjø den vollmundigen Sound der zwölf Stücke ab. Jim McNeely ist Dirigent der hr-Bigband, in deren Saxophon-Section Weber spielt. Er lobt die Kreativität der Musik sowie die Fähigkeit der Bandmitglieder, die originäre musikalische Stimme des Komponisten zu treffen.

CD: Steffen Weber: Sideline; Unit Records UTR 4688.

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