Sebastian Sternals „Symphonic Society II“ in Mainz, 19. November 2015

Sternal Symphonic Society - Photo: Mümpfer

Es geht Sebastian Sternal nicht um die konventionelle Verbindung von Jazz und Klassik. Der Komponist möchte einen neuen Klangkosmos schaffen. Insofern passt er geradezu ideal ins Konzept der Classic Clash-Konzerte von SWR2 und Villa Musica, die Konventionen des klassischen Konzerts über Bordwerfen wollen. Hier geht es um Stilmix ohne Grenzen, Klänge am Puls der Zeit.

In diesem Zusammenprall von Klassik, Jazz und E-Avantgarde vereint der in Mainz und Köln lehrende Sternal herausragende und vielfach preisgekrönte  junge Musiker aus Jazz und Klassik mit seinem Symphonic Society-Projekt. Ergebnis ist eine Reihe von grenzüberschreitenden musikalischen Miniaturen.

Bei einem Mainzer Konzert im Frankfurter Hof sowie auf seinen beiden CDs „Sternal Symphonic Society Volume 1 und 2“ hat der Jazzprofessor jene Idee verwirklicht, die ihm schon lange vorschwebte: der klangliche Farbreichtum eines symphonischen Klangkörpers mit der Beweglichkeit und der Spontanität einer Jazzband zu kombinieren. Beim Clash trifft ein Ensemble aus Jazzmusikern auf ein klassisches Streichquartett. Ungewohnte Sounds entstehen so bei der Herausforderung dieses Mini-Orchesters.

Sternal pendelt bei der Aufführung des zweiten Teils seiner Symphonic Society zwischen klassischem Jazzideal und freiem Spiel. Vor allem die dreisätzige „Suite for String Quartet and piano“ lebt durch den Kontrast aus Klavierläufen und Akkorden Sternals sowie dem Klang des kammermusikalischen freien Spiel der Streicher mit Ken und Lisa Schumann, Lisa Randalu sowie Fernando Nina. Beim zweiten Satz „Snow“ scheint das Publikum den Schnee leise rieseln zu hören.

Getragene und expressive Mehrstimmigkeit bestimmt den Sound der Bläser mit Nils Klein an Saxophon, Bassklarinette und Klarinette, Christoph Möckel an Flöte und Saxophon, Frederik Köster mit Trompete und Flügelhorn sowie dem Posaunisten Klaus Heidenreich. Pablo Held steuert auf dem Flügel sparsame Akkordeinwürfe bei oder schwelgt in perlenden Läufen, Bassist Robert Landfermann zupft den Kontrabass in harmonisch reizvollen Soli und stützend in der Begleitung, Schlagzeuger Jonas Burgwinkel lässt die Combo grooven und ist an diesem Abend ständig in percussiver Bewegung. Ausgewogen ist der Einsatz von Combo und Streichquartett ebenso wie der Anteil von Notation bei den Streichern und Improvisation bei den Jazzern.

Bereits in „Magnolia“ setzen die Streicher mit spitzem Aufschrei Akzente, im „Flower Girl“ sind zu lyrischen Piano-Läufen und einem Altsaxophon-Solo zarte und helle Violin-Impressionen zu hören. Warm bis lebhaft bläst Köster das Flügelhorn, steigt bei aufgerauten Stakkati in die High-Note-Lagen, treffen sich die Bläser zu einem kurzen Unisono.

„Symphonic I“ wurde nach Sternals Worten durch Rilkes „Schlaflied“ inspiriert. Flirrende Streicherpassagen und helle Bläsersounds geben den Ton an, die Dynamik erlaubt im folgenden „Symphonic V“ große Sprünge. In der symphonischen Skizze „IX“ bestimmt das Quartett mit Violinen, Viola und Cello in nahezu klassischem kammermusikalischem Spiel die Klangfarbe.

Impressionen aus Kanada verarbeitet Sternal in seiner Ballade „Calgary“ mit dem Schmelz der Streichinstrumente und den lyrischen Linien auf dem Flügelhorn. In den Zugabe „J.T.“ die der Komponist dem Pianisten John Taylor widmet, verschmelzen schließlich Elemente aus Avantgarde, Klassik und Jazz.

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