„Auf den teuren Plätzen reicht es mit den Juwelen zu rasseln“ – nicht ganz paßte das Zitat frei nach Lennon, gut besucht und das mit einem nicht unbedingt typischen Jazzpublikum war das Preisträgerkonzert des „Jazzpreises Baden-Württemberg“ jedenfalls. Geradeso gelang es auch den letzten Interessenten noch einen Stehplatz in der Schloßgartenhalle in Ettlingen zu ergattern.
Elegant gewandet, wie es sich für den feierlichen Anlaß geziemte eröffnete das Lehel Quartett (mit Ull Möck am piano, Mini Schulz am Baß, Dieter Schumacher an den drums) den Abend mit dem flotten „Bits of Blues“. Ein seh- und hörbar gut aufgelegter Peter Lehel an seinem Hauptinstrument dem Tenorsaxophon mit seinen aufgeweckten Mitstreitern.
Danach regneten zunächst einmal warme Worte auf den Preisträger nieder. Der Bürgermeister der Stadt Ettlingen begrüßte die versammelte Honoratiorenschaft, Bernd Konrad, als Vorsitzender der Jury, hielt die Laudatio auf den Preisträger und skizzierte den Werdegang Peter Lehels, der nicht zuletzt auch das Studium bei ihm selbst in Stuttgart umfasste. Begonnen hat die Karriere mit ersten musikalischen Gehversuchen in einem lokalen Musikverein als Klarinettist. Einschneidend Erlebnis in Lehels Musikkarriere und bis heute nachwirkend war der Kauf der ersten Coltrane-LP mit 15 Jahren, in New York, und der damit sofort nötig gewordenen Anschaffung eines Tenorsaxophons…
Konrad unterschied seine Schüler in zwei Kategorien: Die, denen
man alles Schritt für Schritt beibringen müsse (er betonte, daß auch die
gute Musiker werden können) und jene, die eigentlich durch ihre
musikalische Grundbegabung schon alles können. In diese Gruppe ordnete
er auch Peter Lehel ein.
Mit dem Apell, daß der Jazz auch in Zeiten knapper werdender finanzieller öffentlicher Ressourcen „offene Taschen“ brauche übergab er das Wort an Klaus von Trotha. Der auch für die Kultur zuständige Minister, der seinen Jazzbezug nicht zuletzt durch den Besuch von vielen Jazzkonzerten in seiner Studienzeit zu belegen wußte hob den Stellenwert des Jazz in der regionalen Kulturlandschaft hervor. Mit seiner Unterstützung für den Jazzbereich sei auch in Zukunft zu rechnen.
Peter Lehel hielt seine Dankesrede kurz und improvisiert, „wie es sich für einen Jazzmusiker gehört“ und dankte vor allem seinen musikalischen Wegbegleitern.
Musikalisch ging es mit „Papa Groove“ weiter, einem von seiner Tochter Naima inspiriertem Stück, das Lehel die Möglichkeit gab auf der Baßklarinette zu glänzen. Wie es sich für ein Preisträgerkonzert anbietet bewies Lehel seine instrumentale Vielseitigkeit im folgenden Stück „Heavy Rotation“ auf dem Sopransaxophon. Ein eher schmalziges Tangothema, das im Verlauf des Stückes von ihm selbst und seinen Mitspielern genüßlich zerstückelt wird. Mit „Kiss & Fly“ griff Lehel wieder zum Tenorsax und bewies seine instrumentale Kompetenz, die eigene Sprache die er auf diesem Instrument gefunden hat. Vielleicht erhielt Peter Lehel nicht zuletzt wegen seiner Kompositionsarbeit den Jazzpreis. Das ganze Programm wurde selbstverständlich mit eigenen Werken bestritten und das Spektrum reichte von eingängigen up-tempo-Themen wie in „Rainbow Boubbles Part I“ bis zur warmtönenden Ballade „Anima“. Als Abschluß und Zugabe spielte das Quartett mit „Pest“ eine ältere Komposition von Lehel, eine gefühlvolle Reminiszenz an Budapest und damit an seine familiären Wurzeln.
Nach einer kurzen Pause – die Reihen der Zuhörer hatten sich leider etwas gelichtet – bestritt der zweitplazierte (obwohl es keinen zweiten Platz gibt) den nächsten Part des Abends. Der Trompeter Sebastian Studnitzky tritt mit seiner Gruppe die „Studenten“ auf. War Lehels Part eher der akustischen Jazztradition verpflichtet, so kommen die „Studenten“ rockig-elektrifiziert daher. In der Besetzung Sebastian Studnitzky (flh), Dieter Fischer, (e-g), Christoph Dangelmeier (e-b), Torsten Krill (dr) und Wolf Kerschek (p, vib) treten die Fünf an einen frischen Wind in die Jazz-Szene zu blasen. Mit dynamischem Bass wird die Richtung vorgegeben. Keine Berührungsängste in Richtung Rock – knackige Rhythmen und Themen. Studnitzky zeigt sich als ausdrucksstarker Trompeter mit ausgereiftem Ton. Alle Kompositionen stammen vom Pianisten der Gruppe, Wolf Kerschek. Wilde „battles“ zwischen Kerschek und Studnitzky, ausgefeiltes Zusammenspiel mit Fischers halbakustischer Gitarre. Will man die Studenten jazzhistorisch irgendwie vergleichen, dann vielleicht am ehesten mit den späten Miles Davis Gruppen. Nicht vom Spiel und der Tonbildung Studnitzys her sondern vom grenzüberschreitendem Ansatz in musikalischer Sicht. Miles-mäßig auch Studnitzkys Ausflüge am Keyboard, die Linke in den Tasten, in der rechten die Trompete. Die „Studenten“, die gerde ihre erste eigene CD eingespielt haben sind eine echte Bereicherung der baden-württembergische Jazzszene und Studnitzky ist auf diesem Weg ein heißer Kandidat für den nächsten Jazzpreis Baden-Württemberg.