John Mayall & the Bluesbreakers im Frankfurter Hof in Mainz, 23. März 2003

Kaum zu glauben, dass dieser Mann im graublauen T-Shirt, das graue Haar zu einem kleinen Zöpfchen gebunden, in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag feiert. Seine kehlige, zuweilen schneidende Stimme trägt durch den überfüllten Saal des Frankfurter Hofes. Sein unprätentiöses Mundharmonika-Spiel hechelt stoßweise und akzentuiert. Bei kritischen Pianopassagen wie bei „Demons in the night“ tauscht er seinen Platz an den Kurzweil-Keyboards mit dem Organisten Tom Canning – wohl wissend, dass sein autodidaktisch erlerntes Tastenspiel das furiose Solo nicht bewältigen könnte. Dennoch hätten die „Bluesbreakers“ nie so berühmte Künstler wie Eric Clapton, Peter Green, Mick Fleetwood, Jack Bruce, Jon Hiseman, Mick Taylor in eigene Karrieren entlassen, wenn da nicht John Mayall als Katalysator gewesen wäre. Das ist zwar Blues-Geschichte und einige Zeit war es still geworden, um den „Vater des weißen Blues“, doch die zurückliegenden Jahre und das Mainzer Konzert an diesem Wochenende belegen, dass Mayall noch immer über Charisma verfügt, den Blues ungeachtet einiger Ausflüge in stilistische Moden in seiner eigenen Ausprägungsweise mit vitaler Spielfreude am Leben hält. Dieser Blues offenbart keine Überraschungen – auch wenn Mayall fast nur Songs seiner neuesten CD präsentiert. Aber die Musik ist grundsolide, leistet sich keine großen Durchhänger.

Und wieder hat John Mayall exzellente Begleiter an seiner Seite. Neben dem Keyboarder Tom Canning, den Bassisten Hank van Sickle, den Schlagzeuger Joe Yuele und vor allem den Gitarristen Buddy Whittington. Die sensiblen Duos von Blues-Harp und Gitarre zählen ebenso zu den Höhepunkten des Konzerts wie der Battle von E-Piano und Synthesizer-Orgel. Whittington besticht mit filigranen, akustischen Gitarrenläufen und gleißenden elektrischen Glissandi, der Drummer mit melodischen Einwürfen. „The mists of time“ ist ein langsamer Blues mit intensiven Gitarrenläufen sowie einem kurzen Piano-Solo Mayalls aus perlenden Single-Note-Linien. In „Talk to your daughter“ webt Canning einen hell klingenden flächigen Keyboard-Teppich. Wie in seiner neuen CD „Stories“ erzählt Mayall auch im Konzert von lügnerischen Frauensleuten in „Dirty water“, von Unglück und Sorgen in „Pieces and Parts“, spinnt Whittington in seiner eigenen Komposition „Romance Classified“ reizvolle Melodiefäden. „I thought I heard the devil (standing next by me)“ singt John Mayall mit durchdringender Stimme. In der Tat ein verteufelt guter Blues.

Grollender Heavy Blues mit hartem Rock-Verschnitt spielte im Vorprogramm das amerikanische Trio „Wolfe“ mit dem fantastischen Gitarristen Todd Wolfe. Seine gleißenden Glissandi und die jaulend verzerrten Läufe ließen die Basslinien und die präzise getrommelten Schlagzeugrhythmen fast blass aussehen. Kraftvoller Boogie, kompakter Blues-Rock, High-Energy-Spiel. „Wolfe“ bietet mehr als herkömmlichen Blues. Diese Musik rockt und gooved und bluest auf mitreißende Weise, während Drummer David Hollingsworth auf die Trommeln drischt und Bassist Eric Massimino wie ein Derwisch auf der Bühne tanzt. Auch hier ist keine Innovation zu verspüren, aber Gewohntes wird hörenswert interpretiert. „Delaware Crossing“ ist der Titel der jüngsten CD, die von der Live-Performance in Mainz allerdings noch übertroffen wird.

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