In seinem mit Space-Motiven besetzten langen Samtmantel und güldenen Schnabelschuhen an den Füßen breitet Jimi Tenor die Arme weit aus, als wolle der das gesamte musikalische All umfassen und ruft mit hymnischer Kraft dem Publikum seine Botschaft „Love ist he only God“ entgegen. Ob er es ernst meint oder satirisch, bleibt den begeisterten Zuhörern überlassen, die in der Rüsselsheimer Jazzfabrik der Mixtur aus teils groovendem, teils strukturiert chaotischem Jazz, Funk, Psychedelic Rock, Afro-Beat, Pop, Schlafzimmer-Soul und Elektronik-Experimenten lauschen. Tenor mag es groß und üppig. „Trivial und genial“ bringt es ein Zuhörer nach eineinhalb Stunden zupackender sowie komplexer und verschachtelter Stücke mit wuchtigem Big-Band-Sound auf den Punkt.
Der Jazz-Fan hat ähnliche Musikkonzepte in zurückliegenden Zeiten schon oft gehört. Aber der finnische Elektronik-Kauz Tenor mit seiner Vorliebe für Klangspielereien und Afro-Beat fügt neue Aspekte hinzu und gewinnt Frische vor allem durch hintergründigen Humor. Tenors Stimme pendelt zwischen Seufzen und Kreischen, Softklang und Expressivität. „Love ist he only God“ nennt er einen finnischen „romantic Song“ und der hebt mit einem rumorenden, wuchtigen Bläsersatz an. Die Posaune Hillary Jeffrey übernimmt das Thema relativ beruhigend mit sonorem Klang bis sich das Percussions-Duo mit dem Schlagzeuger Ekow Alabi Savage und dem Percussionisten Famson Ekinola polyrhythmisch in einem ausgedehnten Alleingang entfalten kann. Die beiden haben in dem Programm „Kabu Kabu“, das der Zusammenarbeit mit dem gleichnamigen afrikanischen Trio entstanden ist, eine rhythmisch tragende Rolle. Der Sound hingegen wird bestimmt durch das Saxophon Jimi Tenors mit seinen teilweise überspitzten und überblasenen Läufen sowie dem Unisono-Zusammenspiel mit dem Posaunisten Jeffrey und dem technisch glanzvollen Daniel Allan Oberto an Trompete und Flügelhorn. Dieses Trio kreiert einen energetischen und zupackenden Sound wie man ihn ansonsten von Big-Bands erwartet, verbindet wie selbstverständlich satte Bläsersätze mit den elektronischen Wurzeln von Lassie Lehto, wie Jimi Tenor von Geburt her heißt.
„Hot and sweet“ stimmt mit Latin Touch und treibender Percussion auf Congas und Schlagzeug auf den Abend im Rüsselsheimer Theater ein. Tenor lässt mit einer Hand die Flöte flirren, während er mit der anderen die Keyboard-Sounds zusteuert. Und immer wieder fällt Kalle Kalima mit selten akustisch getrimmten kurzen Melodien, meist jedoch mit verzerrten und glissandierenden Läufen mit dem stählernen Bottleneck-Fingerhut ein. Jaulend und knatternd setzt die Gitarre dann Kontraste zum Saxophon. „Sunrise“ wird mit einem solchen Gitarren-Solo eingeleitet, ein Thema, das Flöte und Flügelhorn einem Unisono-Part weiterführen und das schließlich ein einem mehrstimmigen Bläsersatz endet.
Zwei Zugaben gewähren der sich in offensichtliche Spiellaune hineingesteigerte Klangtüftler aus Finnland und sein Septett, zudem noch der unauffällig agierende Bassist Patrick Frankowski gehört.