Text und Fotografien: Hans Kumpf
New Orleans nach dem Zufallsprinzip
Von Berufs wegen verdingt sich Hayes Kavanagh als prominenter Rechtsanwalt in New York, aber seine große Liebe gehört dem traditionellen Jazz von New Orleans bis zum Swing. Immer wieder unternimmt er Dienstreisen zu seinen Klienten in Europa und bringt dann absolute Instrumental-Profis mit, um mit diesen bei Betriebsfesten und öffentlichen Auftritten zu musizieren. In Schwäbisch Hall heißt sein Geschäftspartner Alexander Schaeff, der zum wiederholten Male für seinen Freund aus Amerika ein Konzert in der Hospitalkirche organisierte.
Ohne Mikrophone und Notenständer – einen gemeinsamen Soundcheck gab es erneut nicht, und die Melodien und Harmonien der vertrauten Oldtime-Hits hatte man in sämtlichen Tonarten eh im Kopf. Kein auf dem Bühnenboden geklebter Zettel mit der Programmabfolge: Die Auswahl der nächsten Nummer erfolgte nach einer mehr oder weniger kurzen Diskussion innerhalb der Gruppe. „Alexander’s Ragtime Band“, „Basin Strreet Blues“, „Blue Sky“, „Georgia“, “Back Home Again In Indiana”, “Don’t blame Me”, “S’Wonderful”, “I Want To Be Happy” und als unvermeidlicher Final-Song “When The Saints” – alles kein Problem.
Als musikalischer Direktor des Sextetts fungierte dabei Trompeter Charlie Caranicas, der durch Gesten und nach Absprachen immer wieder spontan gemeinsame Begleitfiguren als unterstützenden Background für die jeweiligen Soloimprovisatoren fand. Caranicas tat sich als Spezialist für Klangnuancierungen mittels verschiedener Dämpfer hervor und growlte kratzig ins Horn. Sein Blechblaskollege Tom Artin spielte ganz seriös eine butterweiche Posaune, während Mike Hashim auf dem Altsaxophon mit seinen zuckersüßen Glissandi an den Duke-Ellington-Mann Johnny Hodges erinnerte. Eher spitz und keck tönte Hashim auf dem Sopran (eine für den New-Orleans-Stil typische Klarinette hatte er nicht dabei).
Einen relativ modernen Sound brachte Chris Flory mit seiner halbakustischen E-Gitarre ein. Der Schlagzeuger Tom Melito ging behutsam vor, wenn er mal einen Marsch-Rhythmus markierte oder mit den Tom-Toms die Trommeln sprechen ließ. Optisch, lautstärkemäßig und musikalisch im Hintergrund verharrte der 75-jährige Hayes Kavanagh. Er als Amateur hatte seine Freude daran, erneut mit Vollprofis kooperieren zu können. Man kennt sich zwar seit vielen Jahren, hatte in dieser personellen Konstellation aber noch nie zusammen gespielt – außer am Tag zuvor in Eislingen. Alle hatten ihren Spaß an dem kreativen Konzert, das wie eine relaxte Jam-Session in einem Jazzclub ablief. Zu Recht begeistert waren auch die rund einhundert Zuhörer.