Hans Kumpf hat den Jubilar im Jahr 1981 für die Ludwigsburger Kreiszeitung mit einer seiner Veranstaltungen für Jugendliche portraitiert. Auch heute noch ist der Multiinstrumentalist aktiv, immer auch mit einem Draht zu jüngeren Musikerinnen und Musikern.
Mit Blockflöten mitgejazzt
Mädchen und Jungen spielten zusammen mit weltbekannten Musikern um Gunter Hampel.
Jazz nicht als konsumierbares Produkt, sondern als Musik zum Mitmachen gab es in der Schlussveranstaltung des zweiten Ludwigsburger Jazz-Festivals. Im „Breuningerland“ weihte der Multiinstrumentalist Gunter Hampel ein Dutzend Kinder etwas in die Geheimnisse des Jazzens ein. Und es machte den Kleinen schon Spaß, zusammen mit weltbekannten Musikern auf der Bühne zu sein.
Gunter Hampel gehört zur ersten Generation der deutschen Free-Jazzer. Nach wie vor ist die unmittelbare Spielfreude das hauptsächliche und vorantreibende Moment, während Kollegen von einst bereits schon mehr oder weniger kommerziell und bürgerlich geworden sind. Intuition und Feeling werden bei Hampel nach wie vor großgeschrieben, seine Musik ist immer noch eine direkte Botschaft. Kein Wunder, dass er sich für den Nachwuchs (seien es aktive oder passive Jazzer) von morgen und übermorgen engagiert: Er veranstaltet seit Jahren Kinderworkshops. In der Regel werden diese von Musikschulen oder Gemeinden veranstaltet und dauern eine Woche.
Bei nur einem Tag, wie in Ludwigsburg, können nur die einfachsten Formen musikalischer Kommunikation eingeübt werden. Ein Dutzend Kinder brachte die unterschiedlichsten Instrumente mit: Glockenspiel, Kindertrommel, Blockflöte, Triangel, Tambourin – es reichte aber such nur ein Karton, der als Schlagzeug umfunktioniert wurde. Gunter Hampel fing spielerisch an: einen Ball sollten sich die Kinder im Kreis herum zuwerfen. Danach wurde dieses Reaktionsspiel auf die Musik übertragen, als die Jungmusiker ihr Händeklatschen „kreisen“ ließen. Wirklich individuelle Musikausübung und kreatives Musizieren war wegen der Kürze der Zeit nicht möglich. So beschränkte sich Gunter Hampel darauf, die Kleinen das
Metrum zur Musik seines Quartetts mit dem Namen „Galaxie Dream Band“ mitvollziehen zu lassen. Gewiss, swingen konnte die Kinderschar nicht – dazu sind bei ihnen die sensomotorischen Fertigkeiten noch nicht ausgebildet. So war das Unternehmen schon gelungen, wenn sie einigermaßen gleichmäßig das Metrum schlagen oder blasen konnten. Dieses rhythmische Musizieren bereitete den Kindern sichtlich viel Freude, sie waren meist konzentriert bei der Sache, und Gunter Hampel selbst fühlte sich, nach eigener Aussage von deren „Vibrations“ inspiriert. Vibraphon oder Bassklarinette nahm er selbst nicht in Anspruch – er bediente sich des bereitgestellten Flügels. Klarinette blies der Amerikaner Perry Robinson, sozusagen der erste Klarinettist der Jazz-Avantgarde, Thomas Keyserling war auf Flöte und Altsaxophon zu hören, Martin Bues saß am Schlagzeug. Die vier sind seit langer Zeit musikalische Partner, und sie haben ein musikalisches Konzept perfektioniert, das im scheinbaren Durcheinander feste Ordnungselemente enthält – große individuelle Freiheit vereint sich hier mit intensivem Gemeinschaftserlebnis. Das Gemeinschaftserlebnis und das doch ziemlich ungezwungene Musizieren war es, das die Kinder für die eigentlich ungewohnte „freie“ Musik sensibilisiert und begeistert hat. Zwischendurch wurden zwar aus der musikalischen Repertoirekiste „Freude, schöner Götterfunken“, „Hänschen klein“ oder gar eine Weihnachtsweise herausgekramt, aber hängen von einer Avantgarde-Jazz-Improvisation blieb sicherlich etwas. Nicht zu unterschätzen war, dass Hunderte älterer Besucher im „Breuningerland“ mit der Musik von Gunter Hampel konfrontiert wurden und dadurch zum Free Jazz vielleicht einen Zugang gefunden haben.
Photos Hans Kumpf