Religion an sich ist ja bekanntermaßen die beste Erfindung seit der Schleimschimmelgrützwurst mit Arsenüberzug, religiöse Musik liefert in aller Regel den Beilagensalat aus vollgestrulltem Algenpups (o.ä.), und ich lasse da auch nur ganz ungerne mit mir reden. Zum einen rede ich grundlegend nicht so wahnsinnig gerne, zum anderen ist’s ja in aller Regel sowieso für die Katz, die Maus oder den Hund, wenn man sich gegenseitig nichts zu sagen hat, was die eigene Sturheit wenigstens im Ansatz aufbröseln könnte. Viel mehr als Polemik bekommen wir da so oder so nicht zu Stande. Und über Toleranz brauchen wir erst recht nicht sprechen, denn wir alle wissen spätestens seit Gerhard Polt, dass Toleranz kein deutsches Wort ist und wahrhaftig übersetzt „etwas aushalten“ meint:“Wenn einer früher gefoltert wurde – dann war der tolerant.“ Könnte sich die Menschheit auch endlich mal ins Stammbuch schreiben.
Dass es auch anders geht, beweist nun ausgerechnet die Redaktion des vom Verfassungsschutz beobachteten (*) Blogs 3,40qm: ich habe mir eine religiöse Platte gekauft. Also eine Platte mit religiöser Musik darauf. Von einem Gospelchor. Aus Amerika. Wort- und Satzkombinationen, die, zumal aus meiner Feder, sprachlos machen.
Und dennoch darf man das ruhig mal einordnen: wenn ich hin und wieder auch christliche Thrash Metal-Bands goutiere, solange sie nicht homophoben und anderen gefährlichen Biohirnmüll verarbeiten, und wenn ich alte Soul- und Funk-Alben aus den sechziger und siebziger Jahren so gerne und ausgiebig höre, dass mir der Leib Christi praktisch aus den Ohren quillt, dann gehen mir zum Mount Olivet Inspirational Choir durchaus die Argumente aus. Aber ich will ehrlich sein: ich kannte den Mount Olivet Inspirational Choir natürlich vorher nicht, aber wer tat das schon? Der 1964 gegründete Gospelchor aus Chicago nahm in Eigenregie und unter der Führung von Isaac D. Chew, Walter Thomas und Pastor Rev. Ray Charles Bonney seine erste Platte auf, die 1976 auf einem Privatlabel erschien und nun über das Berliner Label Corvo Records, beziehungsweise dessen Sublabel Global Pop First Wave ausgegraben und professionell wiederveröffentlicht wurde. Das Original ist weder auf Discogs noch auf Popsike zu finden, aber im unten anhängenden Youtube-Video des Hits „In Due Time“ ist das originale Coverartwork nebst Backcover zu sehen. Offenbar hat Corvo von den ursprünglich neun Songs des Albums nur fünf für diese Wiederauflage beachtet.
Dafür steht der Reissue zum Sparpreis einer EP und mit einem zum Heulen schönen Coverartwork zum Verkauf – letztgenanntes war übrigens der Türöffner zum „Shut up and take my money!“-Reflex.
(*) Ist zwar gelogen, wäre aber total schön. Vielleicht.
Erschienen als Privatpressung, 1976.
Reissue erschienen auf Global Pop First Wave, A Corvo Records Sublabel, 2014.
Rezension von Flo, der auf seinem Blog 3,40 regelmäßig Musik bespricht und unter @3_40qm twittert.