Markus Stockhausen, Fotografie (alle): Hans Kumpf
Der Trompeter äußert sich über Werdegang, Pläne und Kollege Brönner
„Eternal Voyage“ nennt sich die neueste CD (und Formation) von Trompeter Markus Stockhausen. Wie der Vater, so der Sohn: Auch Avantgarde-Komponist Karlheinz Stockhausen (1928–2007) entrückte dem Abendland und suchte mystische Weiten und Welten. In seinem internationalen Septett agiert Markus Stockhausen wieder als höchst versierter und variabler Bläser. Muiltikulti ist diese Projekt gewiss, aber eine nicht unwesentliche Rolle spielt dabei Indien. Und die Stockhausen-Produktion „Eternal Voyage“ erinnert übrigens zuweilen an den Afro-Indianer Don Cherry und sein „New Eternal Rhythm Orchestra“ 1971 in Donaueschingen. Die Besetzung: Rabih Lahoud (Gesang), Paz Miranda Francis (Gesang), Dinesh Mishra (Bansuri-Flöten), Tara Bouman (Bassklarinette), Florian Weber (Piano), Dimitrios Dorian Kokiousis (Perkussion), Markus Stockhausen (Trompete, Synthesizer, Leitung).
Drei Jahre später, 1974, machte dann der damals 17jährige Markus Stockhausen beim Newcomers-Konzert des Deutschen Jazz-Festivals in Frankfurt auf sich und seine Kölner Band „Key“ aufmerksam. Seit dieser Zeit kenne ich ihn, und wir sind uns immer wieder begegnet – zuletzt Ende Juli in Ludwigsburg bei der großen Gala für den Filmmusikkomponisten Irmin Schmidt.
Stockhausen. Der berühmte Familienname hat natürlich bei der anschließenden Karriere ziemlich mitgeholfen. Doch inzwischen hat sich der 1957 Geborene längst als eigenständige Künstlerpersönlichkeit profiliert. Gleichermaßen meistert Stockhausen jun. rasante Jazzimprovisationen, lyrische Abgeklärtheiten als auch auswendig interpretierte Diffizilkompositionen wie „Michaels Reise um die Erde“ (1978) seines Über-Vaters.
Fast unzählige (eigene) Projekte hat Markus Stockhausen in den vergangenen vier Jahrzehnten betrieben. „Einige sind nach wie vor aktuell und entwickeln sich immer weiter“, resümiert er und fährt in einer E-Mail-Antwort fort: „Ich wollte in meiner Musik immer einen eigenen Klang haben, der sich vom üblichen Jazz unterscheidet. Das Trio mit Rainer Brüninghaus war für mich ein wichtiger Start. Diesen Sound versuchte ich in APARIS mit Simon, meinem Bruder, und dem Perkussionisten Jo Thönes auf viel komplexere Weise fortzusetzen. Dann wieder einfacher mit Angelo Comisso, Christian Thomé im Trio LICHTBLICK. Eine andere Schiene sind die ganz freien Projekte, KAIROS, POSSIBLE WORLDS, KARTÀ, ELECTRIC TREASURES, da gibt es eine klare Linie, die sich immer weiter entwickelt hat, mit wunderbaren Musikern wie Arild Andersen, Vladyslav Sendecki, Patrice Héral und vielen anderen zuvor. Songs, Kompositionen und das freie, intuitive Spiel – auf allen Ebenen hat sich meine Musik weiterentwickelt, in Spiralen, man kommt an ähnliche Punkte aber auf einer anderen Ebene. ETERNAL VOYAGE ist ein ganz anderer Ansatz, ein Hauch von Weltmusik, sehr melodisch, und Gesang mit arabischen Texten… ein neues Abenteuer mit neuen Freunden…“
Zusammen mit dem polnischen Pianisten Vladyslav Sendecki, der ja mittlerweile in der NDR-Big-Band ein musikalisches Zuhause gefunden hat, gratulierte Markus Stockhausen Anfang August in Warschau dem Komponisten Frédéric alias Fryderyk Chopin zu dessen 200. Geburtstag.
Dann wollte ich von Markus Stockhausen noch wissen, wie es mit seinen zukünftigen – kompositorischen – Projekten aussehe. Auch hier antwortete er mir ausführlich: „Ein Solostück für Trompete, ein Stück für hunderte von Laienbläsern für die Niedersächsischen Musiktage 2011 in Cuxhaven, ein neues Stück für das Metropol Orchestra, die im Juni 2011 meine Stücke TANZENDES LICHT und SYMBIOSIS aufführen, mit Tara Bouman und mir als Solisten, und dann, seit einiger Zeit schwelt ein Feuer in mir für ein großes Orchesterstück, das eventuell 2012 in Dortmund uraufgeführt werden soll. Viel Arbeit neben allen Konzerten und Workshops… Mein Stück „Olivers Abenteuer“ für Kinderorchester mit Chor wurde gerade in Köln ganz wunderbar fünf Mal aufgeführt, mit 180 Kindern auf der Bühne, und ich durfte dirigieren… Oft weiß ich nicht, was als nächstes geschieht. Ich fühle mich leer, und dann plötzlich geschieht ganz viel. Dinge zeigen sich und ich versuche, möglichst klar zum Ausdruck zu bringen, was sich in mir zeigt. Spannend!“
Noch immer ist Markus Stockhausen seinem jazzenden Trompetenlehrer Manfred Schoof dankbar: „Von etwa 1975-78 war ich sein Schüler in der gerade in Gründung befindlichen Jazzabteilung der Kölner Musikhochschule. Aber schon zuvor, 1973/74 begegneten wir uns zwei Mal intensiv bei den legendären Remscheider Jazzkursen. Die prägten mich tief. Da waren Alex Schlippenbach, Jasper van’t Hof, Stu Martin, Peter Trunk, Philip Catherine und viele andere wichtige Musiker. 1982 machte ich als erster Blechbläser an der Kölner MHS ein Konzertexamen, in dem ich Klassik, zeitgenössische Werke und Jazz mischte. Manfred Schoof war mit dabei.“
Befragt nach seiner Beziehung zu dem anderen deutschen Trompeten-Star Till Brönner antwortete mir Markus Stockhausen überaus diplomatisch: „Till ist ein lieber Kollege, ein sehr guter Trompeter, ein genialer Entertainer, Produzent, ein Multitalent. Till bezieht sich in seiner Musik immer wieder auf die Tradition des Jazz. Ich dagegen, als Stockhausen-Sohn, versuche immer wieder Neues zu schaffen. Aber, gibt es das Neue überhaupt? Ungern vergleiche ich mich da. Wir gehen ganz verschiedene Wege. Andere wie Du können das besser aus einer Perspektive beschreiben.“
Weitere Informationen über Markus Stockhausen, seine Platten und seine Musikerkollegen findet man im Internet unter www.aktivraum.de sowie bei Wikipedia.