Die Flöte flirrt in „Right Way“. Charles Davis spielt das Instrument mit Schnalzern und Knallern auf Gaumen und Lippen, überbläst zum Pfeifton, singt zum Spiel, das mehrstimmig wird. Leicht rockig und rhythmisch bewegt ist es das vitalste Thema in diesem ersten Set des Konzertes beim Jazzclub Rheinhessen in der Anhäuser Mühle von Monsheim. Kammermusikalische Intimität, sanfte Lyrik und melodische Verspieltheit bestimmen den Grundcharakter dieser „eingefangenen Momente“ im modernen Jazz. Manchmal klingt die Musik des Trios sogar ein wenig zu akademisch, aber sie swingt immer.
Die Flötentöne verschmelzen mit dem Klang der Gitarre. Das Fundament schafft der Bass von Ahmet Yüzen mit ostinaten Melodiefragmenten oder in kurzen Harmonievariationen beim Duo mit der Gitarre. Die klassische Gitarrenausbildung hinterlässt starke Spuren im Spiel von Sven Götz, Flamenco-Inspirationen ebenso wie das jazzige Spiel eines Joe Pass – kombiniert gestalterisch Single-Note-, Akkord- und Bass-Spiel, wechselt zwischen Fingerpicking und Plektrum. „Bimini“ ist eine Komposition des Gitarristen Jim Hall, der mit seinem lyrischen, klaren und armen Spiel ebenso hintergründig aus dem ausgedehnten Solo des Gitarristen über einer durchlaufenden Basslinie zu hören ist.
„Matar“ ist dem libanesischen Buzugspieler Matar Mohammed gewidmet. Arabische Modalität pflegt Charles Davis schon lange und verbindet sie mit der rhythmisch reizvollen Percussion Yüzens auf dem Korpus des Kontrasbasses, einer Zusammenstellung, die auch das Thema „Memories of tomorrow“ prägt. Davis greift bei „Matar“ zur Bass-Flöte, timbriert die Stimmung dunkel, lässt seine getragene und hymnische Melodie über das Bass-Fundament tragen, während aus der Gitarre einige Single-Note-Linien perlen. Die Erinnerungen an morgen weckt Davis mit Vokalisen. Er zischt, schnalzt, prustet und trillert, überträgt diese Rachenhöhlen-Geräusche auf das mehrstimmige Flötenspiel – bevor das Trio zu einem „normalen“ swingenden Kollektiv wechselt.
Mit seinen Kompositionen zeichnet Davis Stimmungen von zumeist impressionistischem Charakter sowie leichtfüßiger und tänzerischer Rhythmik. Pastellartige Klangfarben kennzeichnen das Bild. In den kammermusikalischen Interaktionen stehen schwebende und transparente Melodien im Vordergrund. In neun und elf Vierteln kommt „One more dance“, im konventionellen Drei-Viertel-Takt der „Kleine Walzer No. 4“. „Balkan Dance“ zaubert südosteuropäische Folklore herbei, in „Almost a Raga“ spielt die Elektronik das indische Fundament zu.
In zwei Soli greift der am Bodensee lebende Australier zur Kontrabassflöte, ein Instrument, das eher percussiv denn als Melodiegeber eingesetzt wird, widmet „Flendrix“ mit überblasenen High-Notes, pfeifenden Lauten und Schleiftönen sowie grummelnden Vibrati eine Komposition dem Gitarristen Jimmy Hendrix. In der Zugabe „Bridgeridoo“ färbt Davis den Ton des riesigen Instruments mit dem Klang des australischen Blas-Rohrs „Didgeridoo“.
Der Zuhörer gleitet so einen Abend lang auf einem filigranen Klangteppich dahin – auf langen Melodiebögen, ruhigen Sounds und treibender Percussion – und wünscht sich dabei ein bisschen mehr improvisatorische Freiheit und Vitalität anstelle der Feinsinnigkeit.