Aziza Mustafa-Zadeh-Trio in Mainz, 10. März 2016: „In memory of Vagif“

Aziza - Foto: Mümpfer

Aziza Mustafa-Zadeh – schon der Name ist wie Musik. Zart und zerbrechlich sitzt die Künstlerin  vor dem mächtigen Bechstein-Flügel, avisiert mit scheinbarer Schüchternheit und einem bezaubernden Lächeln die Kompositionen aus eigener Feder und der von Vagif Mustafazade. Der „lyrische, führende Mugham-Jazzmusiker“ seiner Heimat war allzu früh im Dezember 1979 mit gerade mal 39 Jahren bei einem Konzert seiner Tochter verstorben.

Bei diesem Konzert zum 25-jährigen Bestehen des Frankfurter Hofes widmet die Pianistin und Sängerin aus Baku in Aserbaidschan ihrem geliebten Vater die Komposition „Vagif“ – eine  Antwort auf die Komposition „Aziza“, die der glückliche Musiker kurz nach der Geburt der Tochter um 1970 geschrieben hat.

In Mainz startete die zarte Schönheit um 1996 ihre musikalische Karriere unter der fürsorglichen Obhut ihrer Mutter, einer begnadeten Sängerin, die die Tochter sicher auch ihre virtuose Stimmführung lehrte.

Da sitzt sie nun im dunkelgrünen körperschmeichelnden  Kleid und spielt jene Mixtur aus Klassik, klassischem Jazz, Bebop Blues und traditioneller Mugham-Musik. In manchen Stücken scheint die zerbrechlich wirkende Pianistin geradezu zu explodieren. Ihr Anschlag ist kraftvoll mit scheinbar mühsam unterdrückter Energie. Rasant peitscht sie die Läufe und Cluster aus den Tasten, lässt Notentrauben, aufgeschichtete Blockakkorde und selten hingetupfte Single-Notes perlen. Wie bei kaum einer anderen Pianistin verspürt der Zuhörer, dass Mustafa-Zadeh Musikalität pur ist. Kompositionen ihres Vaters, die sie an diesem Abend interpretiert, klingen hörbar weicher und lyrischer.

Konzentration sowie Präzision in Takt und „Time“ stecken in dem energetischen Spiel Azizas. Virtuose Technik setzt dem schöpferischen Akt keine Grenzen. Im Trio mit den beiden sensiblen und auf Interaktionen bedachten Partnern Ralf Cetto am sechssaitigen E- und dem klassischen Kontrabass sowie dem Schlagzeuger und Percussionisten Simon Zimbardo gestaltet die gereifte Künstlerin einen grandiosen Abend, der die Zuhörer stehend zu Ovationen hinreißt. Die Künstler belohnen das Publikum mit zwei Zugaben – unter anderem einem Marsch, den Vater Agif geschrieben hatte.

Das Konzert beginnt mit „Oriental Ornaments“, einer Komposition, in der die Symbiose von Jazz und der aserbaidschanischen Improvisationsmusik Mugham mit ihrem Modalsystem vollzogen wird. In „Dance of Fire“ prägen Stimmungswechsel, rasende Läufe und ein Duo von Piano und Bass den Ablauf, bevor in einer getragenen Passage die Ostinati auf dem Flügel vom Schlagzeug unterstrichen werden. Immer wieder tauchen parallel geführte Linien des Trios auf, die dann wieder zusammenfließen. Nahtlos sind die Wechsel von Tempo und Metrum, spannungssteigerndem Drive und in manchen Stücken mitreißendem Groove.

Lyrisch verspielt erklingt „Rising moon“ mit seinem gestrichenen Bass-Break. Wuchtige Akkordblöcke leiten das „Concerto No. 2“ ein, das anschließend voller Energie präsentiert wird – ebenso wie das vertraute „Theatre of marionets“.

Hintergründig wird es, wenn Aziza Mustafa Zadeh dem Piano-Spiel gleichwertig den Gesang zur Seite stellt. Mit ihrer klaren, im manchen Passagen durchdringenden, Kopfstimme scattet die Künstlerin über Oktaven hinweg, wild tremolierend oder sanftem Vibrato. Das kräftige Timbre ihrer Stimme schafft im Zusammenklang mit ihrem virtuosen Spiel eine Melange von exotischem Reiz, dem sich kein Zuhörer im Frankfurter Hof entziehen kann. Das Publikum feiert das Trio stehend mit anhaltendem Applaus und wird mit zwei Zugaben belohnt – darunter  ein Marsch von Vagif Mustafazade.

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