Paul Kuhn and the best in Mainz, 17. Dezember 2006

Rasende Bebops und schleichende Balladen, jene unverwechselbaren leichtläufig swingenden und doch kraftvollen Passagen auf dem Piano und dazu das so markante, sprechende Singen, wie es Frank Sinatra zur Perfektion brachte – kein Zweifel: Paul Kuhn ist mit seinem Trio und einigen Freunden in Hochform. Da kann der Zuhörer das mehr als zweistündige Konzert im Frankfurter Hof in vollen Zügen genießen, auch wenn Besetzung und Programm in weiten Teilen jenen der Tour zum 75. Geburtstag im Jahr 2003 gleichen. 

Paul Kuhn ist ein Swing-Pianist, was ihn keineswegs daran hindert, sich mit den exzellenten Musikern an seiner Seite an heiß kochende Bebop-Stücke wie Sonny Stitts „Stitt´s Tune“ oder Dizzy Gillespies „OW!“ zu wagen. Rasante Stakkato-Läufe von Peter Weniger auf dem Tenorsaxophon sowie Dusko Goykovic auf der Trompete, Duelle der beiden Bläser, die sich zu Duellen entwickeln, treibende Breaks und ein Solo von Willy Ketzer auf dem Schlagzeug und dazu immer wieder das ökonomische und dennoch leitende Spiel Kuhn auf dem Piano – das expressive Stück belegt, welche Kraft und welches Feuer in dieser Mannschaft steckt.

Paul Kuhn vollendet in drei Monaten immerhin das 79. Lebensjahr. Vor dem Konzert sieht man ihn im Trenchcoat noch auf dem Bechstein-Flügel versonnen suchend klimpern und mit dem Posaunist Jiggs Whigham über Titel rätseln, später im Konzert spielt der Senior die Standards mit bewundernswerter Souveränität, Stilsicherheit und Kraft, die die Mitspieler inspiriert. So arrangiert Kuhn Thelonious Monks „Well you needn’t“ auf seine humorvoll lässige Art und verleiht dem sperrigen Stück des Piano-Exzentrikers ein neues Gesicht, ohne dessen Charakter zu verleugnen. 

Im Duo mit Peter Weniger über John Greens „Boy and Soul“ leitet eine verspielte, perlende Intro auf dem Flügel zu getragenen Saxophon-Läufen mit warmem Ton und anhaltendem Vibrato über. „London by Night“ oder „Lady be good“ wiederum erinnern in ihrem Feeling an jene klassischen Bar-Trios, deren Bedeutung für den Jazz keineswegs abwertend beurteilt werden darf. Bassist Martin Gjakonovski ist mit seinen harmonisch variablen Sololäufen und der solide marschierenden Begleitung ein würdiger Vertreter von Paul Ulrich, der regulär im Trio das Instrument zupft.

Natürlich darf gegen Ende des Konzertes das Zugaben geradezu herausfordernde „Route 66“ nicht fehlen. Kraftvoll und treibend mit dem typischen Gesang des Bandleaders. Paul Kuhn ist dem Swing verbunden geblieben. Er hat sich vorsichtig zum Bebop geöffnet, was ihm dank der Band mühelos gelingt, und spielt seine eigenständige Variante vital wie eh und je.

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