Ihre Stimme ist warm und ausdrucksstark. Die Berliner Sängerin Lyambiko verzichtet auf Powerplay, betört mit stilsicherer Phrasierung und feiner Nuancierung.
Unter den zahlreichen Vokalfassungen von „April in Paris“ ist die von Sarah Vaughan aus den 50er Jahren die wohl bekannteste. Lyambiko hat sich dieses Jazz-Standards angenommen, interpretiert ihn auf ihre eigene Weise und findet damit einen ebenso passenden wie gelungenen Einstieg in einen Konzertabend, der das Publikum im ausverkauften Mainzer Frankfurter Hof zu Begeisterungsstürmen hinreißt.
An Nina Simone kommt Lyambiko nach eigener Aussage nicht vorbei. Sie war es, die sie zum Singen motiviert hat. Simone hat auch „Love me or leave me“ interpretiert, ein Up-Tempo-Stück, in dem Lyambiko die ausgedehnten Trio-Passagen aus rasanten Piano-Läufen, trockenen, „straight“ marschierenden Bass-Linien und Wirbeln auf dem Trommeln, mit intensivem Feeling abrundet.
Später, zu Beginn des zweiten Sets wird ihre scattende Stimme gar zum vierten Instrument im Reigen der Gegenläufigkeiten auf dem Piano, der ostinaten Akkordeinwürfe auf dem Kontrabass und der akzentuierten Schlagzeug-Begleitung. Hier erweist sich, dass der überragende Pianist Marque Lowenthal, der solide grundierende und mit harmonischen Wendungen überraschende Bassist Robin Draganic sowie der stets „in Time“ stützende und percussiv verspielte Drummer Torsten Zwingenberger mit der Sängerin im Laufe von mehr als 300 Konzerten zu einem homogenen Klangkörper zusammengewachsen sind. Und dennoch: Herausragend ist Pianist Lowenthal mit perlenden Singlenote-Linien, kraftvollen Akkordfolgen, verzögernden Griffen und rasanten Läufen.
Vor „Malaika“, jener afrikanischen Beschwörungsrhythmik und folkloristisch-hymnischen Melodie, die an die Heimat ihres Vaters erinnert, präsentiert sich Lyambiko in der Gradwanderungen von Natürlichkeit und Kunstfertigkeit als Balladen-Interpretin mit leicht brüchiger Stimme, warmem und zugleich leicht angerautem Timbre sowie vollendeter Phrasierung.
Ihr Gesang ist nicht weit tragend, eher für die intime Kommunikation geeignet, doch was ihr an Volumen-Kraft fehlt, macht Lyambiko an Ausdrucksstärke wett. Die Leichtigkeit und Lebensfreude des Latin liegt ihr vielleicht deshalb so gut. Mit heller und klarer Stimme sowie schwebend-tänzerisch singt sie die „Summer Samba“ und ein humorvolles Lied von Samba tanzenden Enten. Typisch für die Sängerin sind die fast unhörbar gehauchten Schlusstakte von ganz eigenem Reiz.
Das Repertoire des Abends ist breit gefächert, die Gruppe weiß, dass das Publikum Lyambiko liebt, aber doch unterschiedlichen Geschmäckern frönt. Vehement swingende Themen aus dem Mainstream des Jazz wechseln sich ab mit brasilianischer Jazz-Samba und afrikanischer Folkore. Dazwischen gestreut ist „Holding Up“, eine mit Elementen aus Blues und Balkan-Folklore reizvoll angereicherte Komposition des Bassisten Draganic.
Und zum Schluss, in der bereits zweiten Zugabe, wagen Lyambiko und Draganic das Vocal-Bass-Duo, das sie so oft hinter der Bühne üben. Es ist in der Tat noch nicht ganz ausgereift, lebt von dem Reiz der Unbekümmertheit, zeigt aber die Kreativität des Bassisten in der Harmonievielfalt und die Sensibilität der Sängerin in der mit Interaktion verbundenen Improvisation.