Text und Fotografien: Hans Kumpf
Nicht stur ans Metrum gebunden
Ansonsten stellten der Jazzclub und das Kulturbüro in bewährter Kooperation den aktuellen Landesjazzpreisträger von Baden-Württemberg gegen Ende ihrer swingenden Konzertsaison vor, heuer startete jedoch ein derart „ausgezeichnetes“ Talent die Reihe „Jazztime“. Der Pianist Volker Engelberth, 1982 bei Köln geboren, wohnt inzwischen in Mannheim, wo er bei Jörg Reiter studierte. Dort fand auch Mitte Juni die von der neuen Kunststaatsekretärin Petra Olschowski vorgenommene Preisverleihung statt. Außer der Donation von 15 000 Euro ist auch die Öffentlichkeitswirkung bei den Musikern höchst willkommen. So gehört es in Hall zum programmatischen Standardrepertoire, dass der oder die von der Stuttgarter Regierung (gleich welcher Couleur) so Geehrte in der noblen Hospitalkirche aufspielen darf.
Tastenmann Engelberth kam jedoch nicht allein, auch nicht nur mit einem konventionellen Piano-Trio, sondern noch mit zwei Bläsern – mit einem Quintett. Mit dem Freiburger Bassisten Arne Huber und dem Kölner Schlagzeuger Silvio Morger arbeitet er bereits seit sechs Jahren zusammen. Als „ständige Gäste“ fungieren neuerdings der Trompeter Bastian Stein und der Tenorsaxophonist Alexander „Sandi“ Kuhn, dem 2013 der Landesjazzpreis zuerkannt wurde. Zusammen jazzen die fünf jungen Herren eher nostalgisch orientiert, man fühlt sich oft an den guten alten Hard- Bop-Sound erinnert, wie ihn Drummer Art Blakey ab Mitte der 1950er Jahren praktizierte. Freilich finden in den vom Bandleader akribisch ausgearbeiteten Arrangements seiner Eigenkompositionen viele Tempowechsel statt, die Musik atmet organisch und hält sich nicht stur und starr ans Metrum. Und dann tauchen immer wieder „coole“ Momente auf, erst recht in der romantisch verträumten „Nocturne“ – Chopin hätte seine Freude daran gehabt.
Bei den Improvisationen bläst Trompeter Bastian Stein mit sattem Strahl, während auf dem Flügelhorn eher weiche Welle vorherrscht. Tenorist Sandi Kuhn überzeugt erneut mit seinem herzhaften Spiel.
Als Idole auf seinem Instrument nennt Volker Engelbrecht namentlich Thelonious Monk, Herbie Hancock und Brad Mehldau. Er hätte eigentlich auch noch Wolfgang Dauner hinzufügen können, wenn man – wie bei dessen Stücken „Transtanz“ und „Wendekreis des Steinbocks“ – an die vielen linkshändig repetierenden Linien im Tieftonbereich denkt. Ansonsten gibt sich der 35-Jährige Wahl-Mannheimer gerne der feinnervigen Motivverarbeitung hin, und zuweilen an balinesische Gamelanmusik gemahnende Parallelläufe im Diskant verschmäht er trotzdem nicht. Ein einfühlsamer Musiker – kein fauchender Tastenlöwe. Kontrabass und Schlagzeug interagieren dazu dezent. Die tourneeerfahrene rheinisch-badisch-schwäbische Combo brachte auch in Schwäbisch Hall vor allem Titel von der neuen CD „Jigsaw Puzzles“ zu Gehör.