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Zum dritten Mal gastierte nun die in Bietigheim-Bissingen wohnende Irin Anne Wylie in Schwäbisch Hall. Mit ihrem neuen Quartett praktizierte die Sängerin bei ihrem umjubelten Konzert in der Hospitalkirche eine sehr moderne Variante von „Irish Folk“.
Schwäbisch Hall. Anne Wylie verfährt nach dem Motto „Tradition ist nicht das Aufbewahren der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers“. Nicht archaisch-derb wie beispielsweise „The Dubliners“ bei der beliebten Mitgrölnummer „The Wild Rover“ kommt die Wahlschwäbin daher, vielmehr geht Anne Wylie mit ihrer einschmeichelnden Mezzosopranstimme und in ihrem Musizieren differenziert und nuanciert vor. Ihre Performance ist bei all den Liebesliedern und auf der Grünen Insel angesiedelten Balladen stimmungsvoll, ohne in den Kitsch abzugleiten.
Da erzählt sie bei ihrer aktuellen „Deep Water Tour“ mit historischem Material und in Eigenkompositionen vorwitzige Geschichten auf Gälisch („Aililiu Na Gamhna“), trägt englischsprachige Poesie („Silver Apples Of The Moon“) vor und lässt auch die Musik für sich alleine sprechen. Anne Wylie greift auch mal in die Gitarrensaiten und zur typischen irischen „tin whistle“, eine Blechflöte, und ist noch perkussiv aktiv.
Aber vor allem machen ihre – zum Teil überaus jazzkundigen – Kollegen die Musik. Am Schlagzeug sitzt mittlerweile nicht mehr Eckhard Stromer, der sich von der Göppinger Lumberjack Big Band zur Big Band des Hessischen Rundfunks hochgearbeitet hat, sondern Markus Faller, der ansonsten auch mit Baden-Württembergs Jazzpreisträger Peter Lehel (Saxophon) und Professor Mini Schulz (Kontrabass) kooperiert. Bei Anne Wylie traktiert Faller die Trommelfelle und Becken nicht mit harten Sticks oder mit eher säuselnden Brushes aus Metall, sondern zumeist mit kleinen Naturstrohbesen, die für einen doch knackigen Sound sorgen. Außerdem betreibt Markus Faller an seinem reichhaltigen Perkussionsarsenal bloße Handarbeit.
Schon lange Zeit arbeitet Henrik Mumm mit Anne Wylie zusammen. Am Kontrabass kann er zupfend und streichend am besten seine improvisatorischen Jazzqualitäten demonstrieren. Ein klassisches Klangbild entsteht, wenn er sich ans Violoncello setzt. Mit Bassgitarren, mit und ohne Bünde, markiert er das Metrum und das harmonische Fundament. Und einen sechssaitigen Tieftöner hat Henrik Mumm ans Notebook angeschlossen und zaubert so elektronifizierte Effekte herbei.
Gitarrist Uwe Metzler hat schon mit wirklichen Weltstars (Randy Crawford, Sarah Brightman) zusammengearbeitet, aber auch Möchtegern-Superstars im Fernsehen und beim Backnanger Straßenfest begleitet. In das Konzept von Anne Wylie fügt sich der Allround-Musikus bestens ein, vor allem, weil er – echt keltisch – die „Irish Bouzouki“ zum Einsatz bringt. Diese besondere Art von Mandoline traktiert er noch ganz unorthodox mit einem Streicherbogen.
Insgesamt ein hervorragend eingespieltes Team, das bei seinem kurzweiligen Programm ohne Noten auskommt. Herzlicher Applaus in der – trotz etlicher am selben Abend in Hall „konkurrierender“ Kulturveranstaltungen – gut gefüllten Hospitalkirche. Ein Freude nicht nur für die Veranstalter Kurt Hohenstein und Werner Feucht vom „Konzertkreis Triangel“ und das Kulturbüro der Stadt.