31. Lahnsteiner Bluesfestival 24. September 2011

Fotos und Text: Klaus Mümpfer

 In Lahnstein blüht nach wie vor der Blues. Hier am Zusammenfluss von Lahn und Rhein ist so manches Mauerblümchen zur prächtigen Rose erblüht. In der Stadthalle haben regionale Blues-Musiker gemeinsam mit Stars aus Übersee auf der Bühne gestanden, harte Riffs und Glissandi aus den Gitarrensaiten gerissen, haben Bassisten und Schlagzeuger den Big-City-Blues aus Chicago stampfen lassen. In den drei zurückliegenden Jahrzehnten gab es spektakuläre Neuentdeckungen und die Bestätigung, dass die deutsche Blues-Szene sich keineswegs vor Amerikanern oder Briten verstecken muss. 

In diesem Jahr war das Lahnsteiner Blues-Festival eher unspektakulär und bot dennoch mitreißende Musik. Verantwortlich dafür war jedoch weniger die mit viel Vorschusslorbeeren bedachte Amerikanerin Deborah Coleman, sondern der in Bayern lebende Pianist und Sänger Christian Willisohn mit seiner Band „Southern Spirit“ sowie die von dem Pfälzer Timo Gross angeführten Lahnstein Blues All Stars. Mit einer lautstarken Blues-Party beschloss der dänische Gitarrist und Sänger Thorbjorn Risager den bis nach Mitternacht währenden Streifzug durch Blues, Soul, Rhythm & Blues, Country und Rock.


Vollmer, Willisohn, Lek

Es mag für viele Fans überraschend gewesen sein, dass die deutschen Künstler an diesem Abend musikalisch so stark dominierten. Deborah Coleman, die in den Staaten 2001 als beste weibliche Blues-Gitarristin ausgezeichnet worden war und neun Nominierungen für Blues-Music-Awards sammeln konnte, spielte bei ihrem Auftritt in Lahnstein routiniert, aber uninspiriert. Auf der Bühne standen in früheren Jahren Shouterinnen mit weiter tragenden Stimmen und persönlicherem Ausdruck. Colemans Gitarrenspiel ging ebenso wie ihre Stimme in der unausgewogenen Abmischung unter. So hangelte sich die Gitarristin mit relativ wenigen Akkordgriffen und deren Variationen durch ihre Songs. Die Möglichkeit spannender Duelle mit ihrem versierten Rhythmusgitarristen Thierry Lopez ließ sie dabei ungenutzt. 

Charisma strahlte dagegen der 40-jährige Däne Thorbjorn Risager aus, der mit ausdrucksstark rauer Stimme und fulminanten Läufen auf der Gitarre das Publikum um Mitternacht noch anzuheizen vermochte. Mit seiner siebenköpfigen Band pendelte er zwischen Swing, Blues, R&B sowie Rock´n Roll. Sein harter Blues-Rock erweitert die Klangfarben durch den Saxofonisten Kasper Wagner und den Trompeter Peter Kehl. Nach einem Boogie-Solo des Pianisten Emil Balsgaard steigerte sich der Saxofonist in ein lupenreines Rock´n´Roll-Gebläse, das bei den älteren Zuhörern Erinnerungen an Bill Haley weckte. Der Auftritt des Dänen tendierte dennoch eher in Richtung Houserocking-Show-Band als zur emotionalen Blues-Interpretation. 


Thorbjorn Risager

Wie groß die Unterschiede in diesem Genre sein können, belegen die Boogie-Soli Balsgaards und Willisohns. An Intensität und Emotionalität sowie persönlicher Ausprägung war Letzterer bei diesem Festival nicht zu übertreffen. Faszinierend, wie er die sperrigen Blues-Akkorde beidhändig in die Tasten hämmerte, wie er mit der linken Hand die Bassfiguren unter die Melodiekürzel mit Trillern der Rechten legte, während er mit intensiver Hingabe den Blues shoutete. Kontrastreich zu seinem Pianospiel fügte Boris van der Lek mit singendem Saxofon einen Schuss Memphis-Soul bei. So sorgt der Blues für ein „Wow“-Erlebnis.

Eröffnet hatten den Abend die Lahnstein Blues-All-Stars mit unterschiedlichen Solisten. Da war einmal der Banjo-Spieler Helt Oncale, der mit Country-Touch den Blues aufmotzte, Johnny Rieger, der mit kraftvoller Stimme und gleißendem Gitarrenspiel den Sound der Timo Gross Band abrundete, die wiederum über dem Klangteppich einer modifizierten Hammond-Orgel von Markus Lauer agierte. Gross beeindruckte mit hohen Dynamiksprüngen und einem ausgefeilten Talking-Blues in einer sensiblen und leisen Passage. Aufmerksam lauschte das Publikum den Liedern des Gittaristen und Sängers Stefan Stoppok, den Folk-Blues in deutscher Sprache auf kleinkunstwürdigem Niveau pflegt und vollendet. 

Für seine über viele Jahre persönlich geprägte, originelle Moderation erhielt der Schriftsteller, Musiker und Kabarettist Thomas C. Breuer den Blues-Louis. Der rheinland-pfälzische Kultur-Staatssekretär Walter Schumacher lobte bei der Überreichung die Fähigkeit Breuers, mit Worten zu jonglieren und zu parodieren. Der Geehrte bedankte sich auf seine Weise mit Blues-Harp und Gesang sowie „dem schlechtesten Blues der Welt“. Der Sänger und Pianist Achim Töpel wird ihn in Zukunft würdig ersetzen. Eine Kostprobe gab Töpel an diesem Festival mit einer teilweise gesungenen Moderation.

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