Der Blues taucht immer wieder in seinen verschiedenen Harmonieausgestaltungen auf: ein Gerüst unter Ausschöpfung harmonischer Verwandtschaften, komplizierteren Akkorden und reizvollen Verschleierungen. Beim Semesterabschlusskonzert des Fachbereiches Jazz der Mainzer Musikhochschule steckt er bei der Combo „Kurt Rosenwinkel“ im „Minor Blues“ ebenso wie in der sensibel geführten Miles-Davis-Ballade „Blue in Green“ des Duos mit dem Bassisten Bastian Weinig und der Sängerin Leona Berlin Sensibel streicht Weinig den Kontrabass, intensiv versenkt sich Berlin in den Song. In der expressiven Up-Tempo-Interpretation von „Solar“ desselben Komponisten agieren der Saxophonist Sebastian Fröhlich und der E-Bassist Valentin Kolar in dicht verwebten Duellen.
„The Art of Duo“ ist eine neue Präsentation im diesjährigen Abschlusskonzert, die eine verständnisvolle Interaktion fordert, weil sie jede Unstimmigkeit gnadenlos aufdeckt. Unter der Leitung von Professor Sebastian Sternal haben Weinig/Berlin sowie Fröhlich/Kolar diese sensible Form der Jazz-Interpretation mitreißend gelöst.
Eine andere Besonderheit des Abschlusskonzertes ist die Vorstellung eigener Kompositionen der Studenten – eine Aufgabe der Gruppe „Composer´s Ensemble“ unter der Leitung des polnischen Bassisten Vitold Rek. Nun mögen die eher Pop-orientierten Eigenarbeiten des Pianisten und des Gitarristen bei Puristen nicht gerade auf Gegenliebe stoßen, aber die Komposition „Life Blood“ der Bassistin Vroni Frisch hat als kammermusikalische Jazz-Kleinodie mit ihrem Klangfarbenspiel und den Dynamiksprüngen viel Anerkennung verdient. Das erste ist Beleg für die Vielfalt der stilistischen Ausrichtung der Jazz-Lehre an der Musikhochschule, das letzte für die Kreativität der Studenten.
Kreativität im Detail zeigt sich auch in der Begleitung des Gitarristen Nicola Hein, wenn dieser Glissandi mit dem Bottleneck einschiebt oder wenn Dawie Bosch von der Gruppe „Singer Songwriter & Beyond“ unter der Leitung von Axel Pape „System“ mit elektronischen Effekten einleitet. Der expressive Blues-Rock des Septetts mit seinen Country-Einsprengseln reißt das Publikum zu Beifallstürmen hin. Bemerkenswert ist das Solo des Gitarristen Marcus Wolf bei „The Storm“ von der relativ jungen, aber mit Grammys dekorierten, amerikanischen Formation „Tedeschi Trucks.
Für die breite Fächerung der Ausbildung steht neben anderen das Vokalensemble dr Sängerin Nanni Byl mit klassischen Jazz-Kompositionen wie Jobims „Wave“ oder der A Capella-Interpretation von „Skylark“. „Odd Meter“ unter der Leitung von Hermann Kock präsentiert Klassiker ungerader Metren wie die Davis-Komposition „Nades“, die Gruppe „Weather Report“ von Thomas Humm mit dem Keyboarder Till Vogelgesang den Zawinul-Hit „Birdland“. Die Combo „Benny Golson“ erweist dem Namensgeber mit dem balladesken „I remember Cifford“ (Brown) ihre Reverenz. Unter der Leitung von Mar Oliver Klenk spielt durchaus souverän „Hall & Oates“ eine Hommage für das erfolgreiche Pop-Duo.
Felix Fromm leitet die Big Band des Fachbereiches Jazz an der Musikhochschule, die das zweitägige Abschluss- Festival als Beweis für die engagierte und erfolgreiche Arbeit der Professoren, Dozenten und Studenten mit sattem Bläsersound in präzisen Einsätzen auf dem Fundament einer soliden Rhythmusgruppe beschließt.
Außer der Reihe erinnert anfangs das Koblenzer Sinti-Trio von Jermaine Reinhardt mit Melodie-, und Rhythmusgitarre sowie Bass an den legendären Django Reinhardt. Ihr Auftritt an der Mainzer Musikhochschule war einer der ausgelobten Preise beim rheinland-pfälzischen Combo-Wettbewerb „Jugend jazzt“.