Eine kleine Blume im Weinkeller

WEINSBERG. Nichts ist für einen ehrlichen Jazzer eigentlich mehr demütigend, als zu einem Vollplayback einen agierenden Instrumentalisten zu mimen. Aber im Fernsehen herrschen bekanntlich eigene Gesetze – da will man beim Ton kein Risiko eingehen, um zum akustischen Fertigprodukt auch noch schöne Bilder liefern zu können. Jan Jankeje musste mit seinem Trio in den sauren Apfel beißen, als vom Südwestrundfunk ein Team anrückte, um in Weinsberg in einem tiefen Keller für gärenden Traubensaft idyllische Aufnahmen zu tätigen.

„Eine musikalische Reise vom Schwäbischen Wald in die Löwensteiner Weinberge“ – so heißt die einstündige TV-Sendung, die am 6, März 2005 vom Südwest-Fernsehen ausgestrahlt werden wird. Nach Murrhardt wurde da am fünften und letzten Drehtag ausführlich in Weinsberg, der altehrwürdigen Residenz von Justinus Kerner und der neuen Wahlheimat des slowakischen Jazzbassisten Jan Jankeje, Station gemacht. Die Fässer in den untererdigen Gewölben des Staatsweinguts brauchten eine gediegene musikalische Umrahmung. Nicht etwa die Ballade „Days of Wine and Roses“, sondern ein pures Blümchenlied sollte das Trio zum Besten geben. „Petite Fleur“, komponiert von dem afro-amerikanischen Wodka-Liebhaber Sidney Bechet, sollte es nach dem Willen der Stuttgarter TV-Redaktion sein. Jan Jankeje hat eine perfekte Interpretation dieses populären Titels zusammen mit dem Klarinettisten Franta Havlicek und dem Banjo-Zupfer Mirko Klimes auf der CD „Mobil“ (im eigenen Label „Jazzpoint Records“) veröffentlicht. 

Den Fernsehfritzen gefiel es gar nicht, dass der Tscheche Havlicek auf einer amerikanischen Plastik-Klarinette in Gelb blasen wollte: die pantomimische Aktionen sollten von ihm doch bittesehr mit einem vertrauten Gerät aus schwarzem Holz bewerkstelligt werden. Akribisch war es zuvor auch bei der Maske und bei der Einleuchtung zugegangen. Eine Vielzahl von auf Weinfässern postierten Kerzen ergänzte die diversen Scheinwerferlichter. Für die Produktion vom der genau einer Minute und 41 Sekunden währenden Musik-Szenenfolge benötigten die TV-Macher einen ganzen Vormittag. Anfahrt, Aufbau, unterschiedliche Kamera-Einstellungen und mehrere Takes erfordern eben ihren Zeitpreis. Elegant wandelte Klarinettist Havlicek, den ausgeklügelten Regieanweisúngen gewissenhaft folgend, an den braunen Alkoholgefäßen entlang. Ziel waren seine beiden besaiteten Freunde Klimes und Jankeje, die standhaft auf ihn zu warten hatten und sich freuten, schlussendlich auch noch von der elektronisch arbeitenden Kamera eingefangen zu werden. Die hochkomplizierte Steady-Cam erlaubte dem zu Fuß schreitenden Kameramann ruckfreie „Fahraufnahmen“. „Danke! Gestorben!“ vermeldete der Regisseur zufrieden – alles war wunschgemäß im Kasten, was heutzutage heißt: digital abgespeichert.

Absolut „live“ durften die drei wieder vereinigten Tschechoslowaken aber auch noch jazzen. Als Überraschungsgag intonierte nämlich „Jan Jankejes swingende Trollinger Band“ für die verantwortliche Redakteurin Brigitte Aigner aktuell „Happy Birthday“. Doch dieses Geburtstagsständchen wird am 6. März um 20.15 Uhr freilich nicht über die Sender des Südwest-Fernsehens gehen. So hat diese „SonntagsTour“ den agilen Musikanten und dem TV-Tross erst recht Spaß bereitet.

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Sonntag, 6. März 2005, SÜDWEST-Fernsehen
20.15 Uhr (60 Min) 

SonntagsTour Moderation: Hansy Vogt

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