Text und Fotografien: Hans Kumpf
Vor allem Fusion mit rockigen Rhythmen
Die Saxophonistin Katharina Maschmeyer würdigte in Halls Hospitalkirche John Coltranes historisches Album „A Love Supreme“
Dass im Jazz einzelne Stücke großer Vorbilder aufgegriffen und improvisatorisch bearbeitet werden, ist eine altbekannte Tatsache. Aber ein ganzes Album – immerhin sehr kreativ – „covern“? John Coltranes hymnische LP „A Love Supreme“, Ende 1964 in New York eingespielt, erfuhr eine solche Ehre zunächst in Big-Band- als auch in Streichquartett-Besetzung und durch die berühmten Marsalis-Brüder. Nun machte sich in Deutschland die Saxophonistin Katharina Maschmeyer mit einer Combo an das legendäre Plattenwerk des beseelten Free-Jazz-Innovators, der in diesem Jahr seinen 90. Geburtstag hätte feiern können, heran.
Das Remake der besonderen Art verkommt keineswegs zum bloßen Plagiat, Die vier Stücke wollte Katharina Maschmeyer ausdrücklich in einem „sehr eigenen Sound interpretiert“ haben. Und dies gelingt zwangsläufig durch eine veränderte – rocklastige – Besetzung. Da ist zuerst der kreative und gewitzte Gitarrist Nils Pollheide zu nennen, der zeitwiese auch knackig den Bass bedient. McTyner griff einst in die Tasten des akustischen Flügels, und Philipp Rüttgers steht heuer ein ganzes Keyboard-Arsenal nebst musikalischem Notebook zur Verfügung.
Gleich zwei Schlagwerker sind nun von der Partie: Jens Otto und als bestens integrierter Gast der in Indonesien als Sohn eines japanischen Vaters geborene Nippy Noya, welcher seit Jahrzehnten sich in Europa den Spitznamen „Happy New Year“ gefallen lassen muss. Bei Coltrane wirkte vormals als Drummer Elvin Jones mit – und dieser sagte mir einmal in einem Interview, dass ein Schlagzeuger „immer an die Melodie denken“ müsse. Nippy Noya sorgt nun mit allerlei perkussionistischem Kleinkrimskram für viele Klangnuancierungen und lässt auch die beiden großen Conga-Trommeln sprechen.
Nun also in der Hospitalkirche ein von Jazzclub und Kulturbüro gemeinsam veranstaltetes Konzert mit Katharina Maschmeyers Gruppierung, die sich neuerdings „KA MA Quartet“ nennt – plus „special guest“ Nippy Noya eben. Doch die zeitgenössische Huldigung an Coltrane machte nur einen kleinen Teil des Abends aus. Vor allem wurden Eigenkompositionen der Band präsentiert. Lautstarker und zupackender Fusion-Jazz mit rockigen Rhythmen bestimmte den Event. Untereinander wurde ausgiebig in wechselnden Duo-Partnerschaften improvisiert. Die Spielfreude war unüberhörbar.
Die 1980 in Osnabrück geborene Saxophonistin Katharina Maschmeyer (nicht verwandt mit dem umstrittenen Finanzmogul Carsten Maschmeyer!) erinnert in ihrem Tenor-Timbre viel mehr an Barbara Thompson vom „United Jazz + Rock Ensemble“ als an John Coltrane. Das Sopransaxophon und die Bassklarinette setzte die Bläserin in Hall nur sporadisch ein.
Mit einer Zugabe in asiatischer Klangfarbe endete das umjubelte Konzert in der Hospitalkirche – eine Nummer von dem vergnüglich und konzentriert agierenden Nippy Noya, 70. Gute Musik kennt keine Altersgrenzen.