Baby Sommer im November


Text und Photos: Hans Kumpf

Schwäbisch Hall. Am 25. August wurde Günter Sommer runde 70 Jahre alt. Ein überragendes Geburtstagsgeschenk wird dem Dresdner Drummer nun in Schwäbisch Hall zuteil. Vom 21. bis 23.11.2013 kann der längst mit professoralen Würden versehene Günter Sommer sein umfangreiches Schaffen „live“ in der barockidyllischen Hospitalkirche präsentieren. Neben dem seit 2007 bestehenden vorösterlichen Jazz-Art-Festival möchte der Jazzclub der Bausparkassen-Stadt zukünftig einem Musiker die Möglichkeit geben, sich in seiner ganzen künstlerischen Breite zu zeigen.

In der Szene wird Sommer geradezu liebevoll „Baby“ genannt – in Anlehnung des legendären Louis-Armstrong-Rhythmus-Mannes Baby Dodds. Und die „Thüringische Landeszeitung“ bezeichnete den Sachsen jüngst gar als den „unbestrittenen Nestor des teutonischen Schlagzeugs“. Dies klingt schon etwas martialisch, agiert Günter „Baby“ Sommer doch schon immer ganz individuell weltoffen, erfindungsreich und nuanciert, wobei er komödiantisch mit sinnvoll platzierten szenischen Effekten nicht geizt.

Ein überaus ernsthaftes Anliegen ist für Baby Sommer, daran musikalisch zu erinnern, was die Deutsche Wehrmacht 1943, seinem Geburtsjahr also, in einem kleinen griechischen Dorf verbrochen hat. In Kommeno verübte sie ein grausames Massaker, und an diese in Deutschland zuvor verschwiegenen schrecklichen Vorkommnisse erinnert er zusammen mit vier Hellenen mit seinen „Songs for Kommeno“, die er zuvor auch beim JazzFest Berlin aufführen konnte. Am 22. November erfolgen in Hall davon gleich zwei Konzerte – regulär eines am Abend und am Vormittag eines speziell für Schulklassen.

Denkwürdig dürfte auch der letzte Auftritt vom „Zentralquartett“ sein. Seit vier Jahrzehnten sind Sommer, Saxophonist Luten Petrowsky, Posaunist Conny Bauer und Pianist Uli Gumpert nunmehr zusammen – in der verblichenen DDR schreckten die inzwischen betagten Herren einst mit aufmüpfiger Avantgarde auf. Dezent kammermusikalisch geht es zu, wenn Baby Sommer zusammen mit der klassischen Flötistin Katharina Hilpert „Our favourite Things“ verrät und mit Nora Gomringer ein „Lyrisches Konzert“ zelebriert. Zuvor hat der einfühlsame Perkussionist schon mit Günter Grass und Rafik Schami „Jazz + Lyrik“ betrieben.

Vorträge von Oliver Schwerdt und Christoph Schmidt-Gustavus beleuchten das schillernde Phänomen Günter „Baby“ Sommer und die Wehrmachtsverbrechen in Griechenland. Im Rahmenprogramm zeigt das im gleichen Komplex wie die Hospitalkirche residierende Goethe-Institut historische Fotos, die der Haller Klarinettist Hans Kumpf in den letzten 33 Jahren von Baby Sommer aufgenommen hat sowie Plattencover und eigene Grafiken des nicht nur am Schlagzeug tätigen Künstlers. Als Prolog wird bereits am 2. November im „Kino im Schafstall“ der essayistische Streifen „Als Mensch ein Solist“ gezeigt. Hauptdarsteller Prof. Günter Sommer wird anwesend sein.

Einen Pass für das „Günter Baby Sommer Weekend“ gibt es für nur 65 Euro. Ohne willige Sponsoren wäre dieser anspruchsvolle Veranstaltungsmarathon nicht möglich gewesen. Dietmar Winter, Vorsitzender vom Jazzclub Schwäbisch Hall, ist ideenreicher Initiator und Hauptorganisator des weit über die Region hinaus wichtigen Events. Das städtische Kulturbüro fungiert auch bei diesem Projekt als Mitveranstalter.

Info: www.jazzclub-hall.de 

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