Bei salon.com wird der Jazz-Brain-Drain der New York Times thematisiert, der mit dem Weggang der rennomierten Jazzkritiker Nate Chinen im Januar und Ben Ratliff einige Monate zuvor sein Gesicht bekam. Das hat sicher nichts mit der Konzentration der Berichterstattung auf Präsidenten-Trumpel Donald zu tun, sondern darf durchaus als weiteres Symptom des langsamen Verschwindens des Jazz aus den Mainstream Medien verstanden werden. Auch wenn das eher als Umbau verkauft wird (es soll mehr Relevantes gebracht werden, denn “Because ‘Hey, something happened and it’s over, and it’s not going to happen again. Why should a reader care about that?’”).
Als kleiner Skandal im Landboten, in diesem Fall in Winterthur, taugt der Jazz dann doch noch, und schafft es in die Zeitung. „Er spielte Free Jazz, sie riefen «Hau ab!»“. Dieses Schicksal erlitt Saxophonist Omri Ziegele als Protagonist im Theaterstück „Malaga“. Ziegele spielte solo Freien Jazz in Szenenübergängen und strapazierte die Nerven eines Teils der Kulturschickeria offensichtlich über ein aushaltbares Maß. Wie gut, dass die tumben Theaterschreier keine Tomaten dabei hatten. Obwohl: der Winter war auch in Spanien garstig, die Gemüsepreise sind hoch, und vielleicht wäre das – neben den bei Musikern eher unbeliebten Hut-Konzerten – noch eine Vermarktungsoption: „Play For Greens“. Freejazz-Musiker hätten endlich einen kleinen Vorteil gegenüber ihren Mainstreamkollegen.
Im allgemeinen Information-Overkill und auch im speziellen – also im Jazzbereich – wird es grundsätzlich schwieriger, interessierte Augen und Ohren zu finden. Die Kommerzialisierung des Netzes und die Monopolisierung durch Google, facebook & Co. lenkt die Besucherströme, und entscheidet ganz wesentlich über die Reichweite und Wahrnehmung im Netz. Nicht zum Guten für alle, und das inoffizielle Firmenmotto von Google – „don’t be evil“ – darf man mittlerweile nur noch als folkloristische Anekdote aus der Frühzeit des Internetgiganten sehen.
Exemplarisch für diese negative Entwicklung ist die Website der Kollegen Peter Maguirre. Er hat vor rund 20 Jahren die Möglichkeit gesehen, in diesem wunderbaren Internet als Einzelner etwas auf die Beine zu stellen. Seine Site http://www.jazz-clubs-worldwide.com wurde über Jahre zu einer wertvollen Informationsquelle zu Jazzclubs auf der ganzen Welt.Im Jahr 2012 änderte Google das Ranking derart, dass seine Site über Nacht nicht mehr an guten Positionen in den Suchmaschine erschien. Stattdessen listet Google nun selbst Jazzclubs auf. Maschinell und eben leider ohne die Zusatzinformationen und Validierung von Informationen, die auf Maguirres Website vorhanden war. „Don’t be evil“? Letztlich ist es ein Plattmachen der Kleinen und der vermeintliche Ersatz der Informationen durch etwas Schlechteres. Peter Maguirre musste das Handtuch werfen und der Versuch, über eine Kickstarter-Aktion wenigstens eine offline-Variante am Leben zu erhalten, ist dieser Tage gescheitert.