Mittwoch, 30. Juni 2004 HZ/Seite 3 KULTUR |
Neuauflage des "Memorial Weekends" der Jug Band |
![]() fcp/Foto: Privat |
Mittwoch, 7. Juli 2004 HZ/Seite 3 KULTUR |
Meister des Jazz: Klarinettist ?Mitch Sauer", Bassist Peter Zagel, Waschbrett-Virtuose Eberhard Brodisch und die beiden Frontmänner der "Jean Baptistes Jug Band", Jeff Grünnder und Michael Gölling (v. links) verzauberten ihre Fans mit kultigen Klängen der 20-er und 30-er Jahre. Fotos: Porta |
Kultjazz aus der Flasche ?Jean Baptistes Jug Band" begeisterte Fans mit swingenden Melodien ![]() ZEITREISE: "Jean Baptiste" rief und alle kamen - zu einem Wochenende in Gedenken an den legendären Jazzkeller "Zoom 15". Was Hersbrucks Eltern einst fast so sehr fürchteten wie der Teufel das Weihwasser, ist ihren Kindern noch heute beinahe heilig. Wie sonst ist zu erklären, dass über 150 gestandene Manns- und Weibsbilder aus ganz Deutschland vom 21. bis 23. Juni in ihre alte Heimat pilgerten, um beim Treffen mit Freunden von damals in Erinnerungen an den 1972 abgebrannten Jazzclub auf der Ostbahn zu schwelgen. Um das ein bisschen leichter zu machen, lieferte .Jean Baptistes Jug Band", die zugleich ihren 30. Geburtstag nachholte, die passenden Töne - in einer zuvor nie erlebten Besetzung mit zehn aktuellen und ehemaligen Bandmitgliedern. HZ 31.12.2002 |
Und alle, alle kamen.Bericht einer Besucherin des Zoom 15 Jubiläums."Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot vom Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt sich schätzen ließ", so lautet der Beginn der Weihnachtsgeschichte nach Lukas. Daran fühlte ich mich, mitten im Sommer, am vergangenen Wochenende erinnert. Nur hieß der Kaiser nicht Augustus, sondern "Stulle" (bürgerlich: Harald Thiel) und es ging nicht um eine Volkszählung, sondern um das Zoom-15-Jubiläum.Aber: Alle Welt kam oder aus aller Welt kamen welche. Unter anderen auch ich, herbeigeeilt aus dem Hessenland, wohin es mich verschlagen hat; andere konkurrierten mit Städten wie Hamburg, Berlin oder Konstanz. Zum 30. Jahrestag des Brandes des Jazzclubs Zoom 15 hatten wir, alles Ehemalige, keine Mühen und Kosten gescheut - und ich habe es auch nicht bereut. Ganz im Gegenteil, meine nostalgische Ader, die mich immer wieder in mein Heimatstädtchen zurückholt, kam voll auf ihre Kosten. ![]() auch visuell aufzufrischen ![]() Man erzählte Anekdoten wie die, dass ich mir mit einem Designerfeuerzeug von Michels Weihnachtsgabentisch, das ich für einen Diagucker gehalten hatte und zum Reinschauen ans Auge hielt, beinahe eine schlimme Verletzung zugezogen hätte, wenn nicht ein Gruppenmitglied, das nicht wie die anderen dachte "so blöd kann die doch gar nicht sein", mir das Ding rechtzeitig aus der Hand geschlagen hätte, bevor ich die Flamme auslöschte. Einmal konfrontiert mit meiner damaligen(?) Naivität waren die Schleusen geöffnet und es reihten sich weitere Geschichten aneinander. Erstaunlich war es, zu entdecken, welch unterschiedliche Speicher wir haben: man erzählte mir Begebenheiten über mich, die mir völlig aus der Erinnerung entschwunden waren und ich konnte anderen Erlebnisse mit ihnen berichten, die ihnen nicht mehr bewusst waren. Anderen erging es ebenso und wir genossen dieses Schwelgen in alten Erinnerungen auf zweifache Art: einmal durch den Lustgewinn des Erzählens und Zuhörens und zum zweiten durch das Basteln einer Art neuen Selbstbildes, nach dem Motto "so war ich mal" oder "so bin ich?". Am nächsten Tag, dem Samstag, sparte ich den anberaumten Frühschoppen aus, zumal die Nacht in "Hemingways Bar", nicht in Casablanca sondern in der Gartenstraße, spät geendet hatte. Dass dieser Früh- zu einem Spät-Schoppen ausgeartet war, konnte ich an einigen schwankenden Personen unschwer erkennen, die mir begegneten als ich nachmittags zum Scharrer nach Altensittenbach fuhr. Da mir ein Nürnberger Auto die letzte Parklücke ungeniert vor der Nase wegschnappte, konnte ich dem soeben abfahrenden Gefährt mit der spielenden Jean Baptistes Jug Band nur traurig-bedauernd nachschauen. ![]() In dem herrlich eingewachsenen und daher schattigen Biergarten ![]() ![]() Bei mir bedeutete dies, dass ich mit einer ehemaligen Nachhilfeschülerin deren verstorbener Mutter gedachte, die mir öfter während solcher Unterrichtsstunden ein kleines Glas Sherry hingestellt hatte. Ob sie mir dadurch die Arbeit versüßen oder durch den Alkohol erträglicher machen wollte, das kann ich sie leider nicht mehr fragen. Ihre Tochter jedenfalls bezeugte mir noch heute Dankbarkeit, obgleich ich mir keinen Verdienst an dem anmaße, was aus ihr geworden ist (Lehrerin!). Großen Lacherfolg erzielte ein alter Bekannter, als er beschrieb, wie seinerzeit er und sein Freund nachts mit einer Obstleiter durch Hersbruck geschlichen waren, um nach bayrischer Sitte zu fensterln und dass sie erfolglos von dannen ziehen mussten, da sie versäumt hatten mein Zimmerfenster zu erkunden. Bei einer Brigitte hätten sie mehr Glück gehabt - aber wohl auch nur im Finden des rechten Fensters. Ich fühlte mich dadurch an ein nächtliches Gesangsduett erinnert, das ich mit Jean Baptiste, der damals noch der Hummer war, über den Teich vor dem Jazzkeller auf der Ostbahn schmetterte: "In der Nacht um halbe ze-ehne, schleicht der Hintertupfer Be-ene kammerfesterlnd zu der Ma-a-a-ari und der Mond scheint bleich und kasig..." Ein ehemaliger Klassenkamerad verwickelte mich in ein Gespräch über die Philosophie (die auch sein Metier geworden ist) des Epikur und deren Weiterwirken bis zu Thomas von Aquin, über die Wirkung von Emotionen in Belangen wie Umweltbelastung und das vermeintliche Versagen der Psychologie (mein Metier) in diesem Zusammenhang und schließlich über die Entstehungsgeschichte unseres eigenen Jazzclubs im Spittaltorkeller. Wir eruierten gemeinsam die Musiker der damaligen Band, mokierten uns über die dortigen Strom- und Wasserverhältnisse und über andere Verhältnisse, sprich Beziehungsgeschichten. Da ich seinerzeit mit für die Bar im Jazzkeller zuständig gewesen war, oblag mir auch die Säuberung der Gläser und Aschenbecher. Fließendes Wasser gab es dort unten nicht, so schleppte ich alles zu mir nach Hause in die Schulgasse, was bald auf Protest bei meiner Mutter stieß, die sich "des ganze stinkerte Zeich" verbat. Erst als ich mir angewöhnte, im Spitalbrunnen einen Vorwaschgang der abgestandenen Gläser einzulegen, hatte sie nichts mehr einzuwenden. Mit unserem Abitur 1966 endete diese Ära und ging für mich, die ich bereits besuchsweise dort aufgetaucht war und in meiner jüngeren Schwester eine Vorhut hatte, nahtlos in den Zoomkeller am Unteren Markt über. Mittlerweile war die ambulante Zoomband von ihrer Stadtrundfahrt zurückgekehrt und ich bedauerte, dass die versprochene Nostalgietour zu den ehemaligen Stätten ihres Wirkens nicht mehr stattfand. Verband mich doch zur letzten, leider 1972 abgebrannten Heimstätte des Zoom 15 weit mehr als dieser allein: In dem betreffenden Anwesen, nahe am Ostbahnhof, war meine beste Freundin beheimatet und ich hatte dort viele Schulnachmittage verbracht, offiziell immer zum gemeinsamen Lernen, wofür uns Gerdas Mutter Honigbrote und Limo in die Veranda brachte, wenn uns bei Mathe die Köpfe rauchten. Oft hatten wir uns aber lieber zu den Johannisbeeren in den Gemüsegarten oder zum Entspannen in den antikisierten Pavillon im sogenannten Park verzogen. Vielleicht war es deshalb besser für mich, diesen dem Erdboden gleich gemachten Ort meiner Erinnerungen nicht mehr aufzusuchen, weil Wehmut meine fröhlich-aufgekratzte Stimmung getrübt hätte. Beim Scharrer war mittlerweile noch mehr Betrieb, ständig trafen neue Leute ein, der Bürgermeister, ![]() Zum Ausklang dieses prall gefüllten Wochenendes versammelten sich so Unersättliche in Sachen Nostalgie wie ich sonntags um 11 Uhr am Plärrer, ![]() ![]()
In der Wirtschaft in Waizenfeld konnte die Küche kaum der angeforderten Menge an Klößen gerecht werden ein aus Hamburg angereister Unersättlicher war erst nach dreien zufrieden.![]() ![]() Rosemarie Schröder |
Hersbrucker Zeitung, 24.06.1988 Keine ganz "normale" BandDie Jean Baptiste's Jug Band feierte 20. Geburtstag mit alten und neuen FreundenHERSBRUCK (ma)-Ihren 20. Geburtstag feierte am Samstag die "Jean Baptiste's Jug Band" mit einem großen "Familienfest" in Volkert's Biergarten. Die Band, die aus dem Umfeld der ehemaligen Hersbrucker Jazzkeller hervorging, unterhielt ihre Freunde von Mittag an bis spät in die Nacht. "Jean Baptiste's Jug Band" darf man sich keinesfalls als normale Jazzband vorstellen. Als solche brauchte sie zumindest herkömmliche Instrumente, die sich die Mitglieder bei der Gründung nicht leisten konnten. Die Alternativmusiker machten aus der Not eine Tugend und blasen bis heute mit Ausnahme von Dosenöffnern auf allem, was ein Haushalt hergibt und im Luftzug einigermaßen einen Ton erzeugt. Die Ausstattung reicht vom Kamm bis zum Trichter. Der Namenspatron "Jean" hatte natürlich ein besonderes Schmankerl zu bieten: Er improvisierte auf einer Weinflasche, die er wegen des besseren Klangbildes vorher wahrscheinlich selbst geleert hatte. Offensichtlich war ihm jedoch der erreichte "Sound" noch nicht gut genug, denn er tauschte nach ein paar Takten seine Weinflasche beim Wirt gegen ein professionelles Drei-Liter-Kaliber. Auch der Bassist hatte kein Instrument im herkömmlichen Sinn: Er spielte auf einem Bindfaden, der an der Instrumentenkiste der Band befestigt war. Gespannt wurde der Faden mit einem Besenstiel. Als "normaler" Bassist konnte man sich nur wundern, denn das Ding hatte einen überraschend angenehmen Klang. Die restliche Besetzung ist schnell aufgezählt: ein "Sauerphon" (eine etwas kleine Tuba), Banjo, Waschbrett, die Percussion und Klavier. Die Musik klang entsprechend. Die "Jean Baptiste's Jug Band" darf mit Recht behaupten, sie hätte ihren eigenen Sound gefunden. Dieser ist ein Gemisch aus Schnarren, Quäken und Klappern, unterstrichen durch die Klänge von Banjo und Piano. Für manchen ist sie hart an der Grenze zum Lärm. Doch die meisten reißt es mit, wenn Jean ein beherztes Solo in seine Flasche pustet. Getreu dem Motto "Der Aufwand lohnt die Mühe" gab die Band zwei Kleinkonzerte für Nicht-Jazzfans unter der Hersbrucker Bevölkerung. Die Musiker nahmen auf einem kleinen Lkw Platz und fuhren laut musizierend durch die Stadt. Tournee-Haltepunkte der ersten Fahrt: hinter dem Rathaus und, damit die Wasserratten nicht zu kurz kommen, beim Strudelbad. Ein weiteres "Open-Air" wurde auf dem Seitenstreifen der Nürnberger Straße veranstaltet, allerdings nur, bis der Hut eines Musikers geborgen war, der im Eifer des Gefechtes über Bord gegangen war. Um 15.30 Uhr startete die zweite Reise, die zum ehemaligen "Zoom 15" führte. Abends stand schließlich das große Festkonzert auf dem Programm. Die Band verteilte Preise an für sie wichtige Leute, bekam eine goldene Schallplatte und machte viel Musik. Viele der früheren Mitglieder waren zum Fest gekommen und legten noch einmal an "ihrem" Instrument los. Ganz entging die Gruppe jedoch nicht den Konventionen eines normalen Jubiläums: wie bei jedem solchen Geburtstag war Landrat Klaus Hartmann anwesend, am Samstag allerdings nur als stiller Genießer von Jazz und Weißwurst. |
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