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1928 |
Albert
Mangelsdorff kommt in Frankfurt am Main am 5. September zur Welt. |
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Durch
seinen älteren Bruder, den Saxophonisten Emil Mangelsdorff, kommt er
zum ersten Mal im Alter von 12 Jahren mit Jazz in Kontakt.
Relativ schnell kam bei ihm der Wunsch auf, Musiker zu werden. Bei
seinem Onkel in Pforzheim begann er intensiv Violine zu studieren,
außerdem Harmonielehre und allgemeine Musiktheorie. Sein Interesse am
Jazz war immer groß - offiziell mußte er allerdings klassische Musik
studieren:
-
"Abends, wenn mein Onkel und meine Tante im Theater waren, hörte ich die sogenannten
'Feindsender', was ja offiziell verboten war. Dort gab es viel Jazz zu hören, sehr viel
Glenn Miller natürlich, aber auch Count Basie, Duke Ellington und solche Leute, die mich
viel mehr interessiert haben. Ich war damals schon von meinem Bruder und seinem Kreis
geprägt, die dem puristischen Jazz näherstanden".
Zitate aus Bruno Paulot: "Albert Mangelsdorff Gespräche" /
Oreos
Verlag
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1946 |
Nach dem
Krieg spielte Mangelsdorff zunächst Gitarre:
- "Ich, der ich auf der Gitarre noch nicht so weit war, um
(in der Jazzband um Horst Lippmann und Carlo Bohländer) mitspielen zu können, spielte
mit ein paar anderen jeden Mittwoch in einem Lokal in Eckenheim zum Tanz auf".
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1947 |
Mangelsdorff
wird Berufsmusiker als Rhythmusgitarrist in der Otto-Laufner-Bigband.
Diese Band spielte vor allem in Clubs der US-Army. In dieser Zeit,
kurz nach dem Krieg, schwankte Mangelsdorff instrumental noch zwischen
Gitarre, Geige und Posaune. Die Posaune hatte es ihm allerdings
besonders angetan:
- "Schon ziemlich früh hat mich die Posaune gereizt. ...
Auch bei anderen Gelegenheiten habe ich öfters gesagt: Ich spiele zwar Gitarre, aber
ich wäre viel lieber Posaunist. Das war noch lange, bevor ich Berufsmusiker war."
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1947 |
Mangelsdorff
wendet sich endgültig der Posaune zu.
- "Es muß Ende '47 gewesen sein, daß mir ein Kollege, der
Bassist Kurt Dori, der später mit mir in der Heinz Demmer-Band war, günstig eine Posaune
besorgte. Nach ein paar Wochen des Rumprobierens habe ich mir gleich einen Lehrer gesucht,
denn es hat einem jeder den Rat gegeben: Wenn du Posaune anfängst, nimm sofort Unterricht
...In Fritz Stähr, dem Soloposaunisten der Frankfurter Oper, fand ich einen Lehrer, der
sich sehr um mich kümmerte. Er gab mir einmal die Woche Unterricht, machte aber aus der
einen Stunde meistens zwei, drei, weil er merkte, daß ich fleißig war und meine Sachen
stets gut geübt hatte. Es war nur so, daß ich zwischendurch immer mal wieder den Mut
verlor. Die Posaune ist halt doch ein sehr schweres Instrument, auf dem man nur ganz
langsam vorwärts kommt."
Wesentlicher Einfluß
ist in dieser Zeit die Musik von Lennie Tristano.
"(Ich) war sofort fasziniert von diesem Sound und dieser Art zu
spielen." "Wenn ich noch einmal zurückblicke und mich frage, was mich an der Tristano-Musik so
fasziniert hatte, so war es wohl die innere Logik, die diesen Linien zugrunde liegt."
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1950 - 1953 |
Mangelsdorff
spielt in der Band von Joe Klimm. |
1953 |
Wechsel zur
Hans-Koller-Band. |
1957 |
Aufnahme
einer Duo-Platte mit Attila Zoller. |
1955 - 1957 |
Mangelsdorff
wird Mitglied des "Radio-Tanzorchesters des Hessischen
Rundfunks". Die Musik die er dort zu spielen hatte konnte man
kaum als Jazz bezeichnen
- "Irgendwann hing mir dieser verschnulzte Kram zum Hals raus
... Ich bin dann jeden Abend zum jammen in den Jazzkeller, mußte aber morgens um 10 Uhr
wieder im Rundfunk sein. Dazu habe ich ja noch einen Teil des Tages mit Üben
verbracht."
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1957 |
Mangelsdorff
wird Leiter des Jazz Ensembles des Hessischen Rundfunks. |
1958 |
Als Mitglied
der "International Youth Band" nimmt Albert Mangelsdorff am
Newport Jazz Festival in den USA teil.
- "Die Teilnahme am Newport-Jazzfestival 1958 war ein
wichtiges Erlebnis, fast ein Einschnitt in meiner Entwicklung , allein schon durch die
vielen Musiker, denen man begegnete und die Gespräche, in denen mir immer bewußter wurde
- ich dachte damals ohnehin schon in dieser Richtung -, wie wichtig es ist, seinen eigenen
Weg zu suchen und nicht irgendein Vorbild zu kopieren."
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1961 |
Gründung
des Albert Mangelsdorff Quintetts, mit A. Mangelsdorff (tb), Heinz
Sauer (ts), Günter Kronberg (as), Günter Lenz (b), Ralf Huebner
(dr).
Mangelsdorffs jahrzehntelange Zusammenarbeit mit Heinz Sauer, einer
der profiliertesten Tenorsaxophonstimmen im deutschen Jazz, stellt mit
Sicherheit einen Höhepunkt in seiner Arbeit dar und hatte
maßgeblichen Einfluß auf die Entwicklung des Jazz in Deutschland.
Die Gruppe bestand
bis in das Jahr 1971, die letzten beiden Jahre ohne Kronberg als
Quartett. 1971 entstand eine neue Formation, wiederum mit Heinz Sauer.
Dazu kamen Gerd Dudek (ts), Buschi Niedergall (b) und Peter Giger
(dr). 1976 verließ Dudek das Quintet, das Quartet bestand bis 1978.
Die Touren durch Asien, die die Mangelsdorff-Formationen im Auftrag
des Goethe-Instituts seit Beginn der 60er Jahre unternahmen erhöhten
den internationalen Bekanntheitsgrad Mangelsdorffs.
Diese Reisen
hatten zudem einen starken Einfluß auf seine Musik, dokumentiert z.B.
auf der Platte "Now Jazz Ramwong". Die Stücke dieser Platte
sind fast komplett von traditionellen Melodien verschiedener Länder
inspiriert. Von indischen Themen über thailändische Volkstänze bis
hin zu dem mittelalterlichen deutschen "Es sungen drei
Engel". Die modalen Strukturen der traditionellen asiatischen
Musik waren eine ideale Grundlage für Mangelsdorff, aus der er
originelle Stücke entwickelte. |
1965 |
1965 spielte das
Mangelsdorff Quintett in Newport , nachdem er beim Downbeat Poll in
der Kategorie "Talent Deserving Wider Recognition" den
ersten Platz belegt hatte. Ebenso wurde er 1967 und 1969 wieder
eingeladen. |
60er Jahre |
Seit Beginn
der 60er Jahre war Mangelsdorff somit auch eine international
beachtete Größe. Joe Henderson sagte über ihn:
"He
plays besides J.J. Johnson the most exciting trombone", John
Lewis bemerkte, daß er der "most important innovator" für
sein Instrument sei.
Die Liste seiner
Kollegen mit denen er während dieser Zeit live spielte und Platten
aufnahm ist lang und nur einige seien genannt: Lee Konitz, Elvin
Jones, Dizzy Gillespie, Don Cherry, Jimmy Smith, Jaco Pastorius,
Alphonse Mouzon, Gunter Hampel, John Tchicai, Peter Brötzmann, Eddie
Gomez, Wolfgang Dauner.... |
Ende der 60er Jahre |
Mangelsdorff
wendet sich dem Free Jazz zu. Erste Free Jazz Konzerte gab er als Gast mit dem Manfred Schoof
Quintet, wenig später kam er mit dem Saxophonisten Peter Brötzmann
in Kontakt und arbeitete mit ihm im Duo zusammen. Mit dem Globe Unity
Orchestra wurden Free Jazz Experimente im größeren Rahmen möglich.
Auch mit seinem eigenem Quartet spielte er verstärkt in diesem
Bereich. Nach einigen Jahren, während derer er vor allem im Free
Jazz-Bereich arbeitete wurde ihm allerdings bewußt, daß er zwar auf
der Bühne spontan seine Ideen ausspielen konnte, seine Fähigkeiten
zur Komposition aber brach lagen. Damit vollzog sich Mitte der 70er Jahre eine gewisse Ablösung von
diesem Bereich - ohne, daß er auf diese Erfahrung hätte verzichten
wollen.
- "Für mich
bedeutete das freie Spielen eine immense Erweiterung meiner
Ausdrucksmöglichkeiten, die zum Teil auch die normale, also
konventionelle Spielweise beeinflußten."
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Anfang der 70er Jahre |
Seine
erste Solo-LP "Trombirds" (vergriffen) wird 1971
aufgenommen. 1972, anläßlich der Olympischen Spiele in München gibt Mangelsdorff
ein vielbeachtetes Solokonzert. In den darauffolgenden Jahren, bis
heute kultiviert er die Soloarbeit.
"Ein Mann, eine Posaune, ein Mikrophon"
mit "Phantasie
und instrumentaler Kompetenz"
schrieb
der Musiker und Kritiker M. Naura über seine Soloauftritte.
Überzeugend dokumentiert er diese Fähigkeiten auf seiner Soloplatte
"Purity" ( Mood-Records,
rec. 1990). Hier finden sich erdenschwere Bluesstücke neben
vertrackt-einfachen Melodien die an Monk denken lassen. |
Multiphonics |
Im Laufe seiner
musikalischen Entwicklung hat Mangelsdorff eine spezielle Technik
entwickelt und kultiviert, die vor allem in seiner Soloarbeit zum
Tragen kommt: "Multiphonics".
- "Es wird eine Note gespielt und meistens eine darüber
gesungen...Durch die Reinheit des Intervalls zwischen dem gespielten und gesungenem Ton
bilden sich Obertöne, die bei dieser Technik so stark hörbar werden, daß eben Akkorde
entstehen."
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1980 |
Im Downbeat Critics Poll
wird Mangelsdorff auf Platz 1 gewählt. |
80er und 90er Jahre |
Mangelsdorff
selbst meint, daß Lee Konitz einen bedeutenden Einfluß auf sein
Spiel gehabt habe. Mit ihm nahm er 1983 eine Duoplatte auf.
Eine weitere bemerkenswerte Duoplatte ist "Two is a Company"
mit Wolfgang Dauner. Daß er nicht nur in "kleinen" Formationen
zuhause ist zeigt seine Mitgliedschaft im United Jazz + Rock Ensemble seit 1975 und seine Tätigkeit im Globe
Unity Orchestra.
Mangelsdorff in stilistische Schubladen einzuordnen erübrigt sich
längst. Er bewegt sich immer noch in freien Gefilden aber man muß
nur in seine Soloplatte "Purity" aus den 90er Jahren
hineinhören um seine vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten Blues - Lied - und freiem
Jazz zu hören. Wie jeden großen Jazzmusiker erkennt man in nach
wenigen Tönen an seinem Sound und seiner Phrasierung.
Seine Autorität als Musiker, die Wertschätzung in der Jazzwelt durch
Kollegen, Kritiker und Zuhörer führten Mangelsdorff natürlich auch
in verschiedene Gremien. So ist er u.a. seit Anfang der 90er Jahre der
künstlerische Leiter des Jazzfests Berlin.
Ein weiteres Zeichen der Wertschätzung die Albert Mangelsdorff in der
Jazzszene Deutschlands erfährt ist die Benennung des alljährlich von
der UDJ (Union Deutscher Jazzmusiker)
verliehenen und mit 20.000 DM dotierten "Albert
Mangelsdorff-Preises". |
2002 |
Albert
Mangelsdorff tourt solo und mit verschiedenen Formationen durch die
Lande. Das United Jazz + Rock Ensemble gibt seine Abschiedstournee. |
2003 |
Am 5.
September 2003 feierte Albert Mangelsdorff seinen 75. Geburtstag. In Frankfurt
fand ein großes Geburtstagskonzert mit den "Old Friends"
(Doldinger, Haffner, Dauner, Weber) und dem United Jazz + Rock
Ensemble statt. Danach gibt Mangelsdorff drei Konzerte mit der NDR
Bigband, mit der er die CD "Albert Mangelsdorff - Music for Jazz
Orchestra" eingespielt hat (erschienen bei Skip Records). |
2004 |
Trotz
eingeschränkter Gesundheit gibt Albert Mangelsdorff in verschiedenen
Besetzungen einige Konzerte. |
2005 |
Albert
Mangelsdorff stirbt in seiner Heimatstadt Frankfurt a. Main am
25.07.2005 |
Wolfgang Dauner & Albert Mangelsdorff
bei "Das Fest" 1997
in Karlsruhe
© Photographie: Schindelbeck
Literatur:
Paulot, Bruno(1993): Albert Mangelsdorff - Gespräche, Oreos Verlag,
Waskirchen
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